Begründung der SPD

Frage 1: Sind Sie dafür, dass in Bayern Volksbegehren mit finanziellen Auswirkungen zulässig sind?

Antwort: JA

Begründung: Wir bedauern, dass der Bayerische Verfassungsgerichtshof an seiner Rechtsprechung, den Inhalt des Art. 73 BV so auszulegen, dass Art. 73 BV nicht nur Volksbegehren und Volksentscheide über den Staatshaushalt im Ganzen verbietet, sondern auch über einzelne Haushaltsansätze und dies unabhängig davon, ob der zugrunde liegende Gesetzentwurf mit Einsparungen oder Mehrausgaben verbunden ist und welchen Umfang die finanziellen Auswirkungen haben (vgl. Leitsatz 3 der Entscheidung des BayVerfG zur Zulässigkeit des Volksbegehrens zum Transrapid vom 4. April 2008 (Az.: Vf. 8-IX-08)), festhält. Es hat die Interpretation des Art. 73 BV durch den ehemaligen Bayerischen Ministerpräsidenten Dr. Ehard zur Meinung einer einzelnen, an der Verfassungsgesetzgebung beteiligten Person erklärt. In der Sitzung des Verfassungsausschusses der Bayerischen Verfassungsgebenden Landesversammlung am 21. August 1946 hat Dr. Ehard die Schranke des Art. 73 BV bei der Volksgesetzgebung dahingehend interpretiert, dass er sich vorstellen könne, dass Einzelfragen aus dem Haushalt, z. B. ein notwendiges Gesetz, das Steuerergänzungen o.ä., die einen Teil mit einer Summe des Haushaltsplans enthält, einem Volksentscheid unterstellt werden könne. Dieser Interpretation Ehards des Art. 73 BV hat im Verfassungsausschuss keiner der Anwesenden widersprochen und Art. 73 BV ist in der zur Abstimmung gestellten Fassung im Verfassungsausschuss und in der Verfassungsgebenden Landesversammlung beschlossen worden. Es erschließt sich daher nicht, warum die Richter des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs diese Interpretation des Art. 73 BV eines an der Formulierung des Verfassungstextes unmittelbar Beteiligten so einfach ignorieren und an ihrer Auslegung des Art. 73 BV wie bisher festhalten.

An der o.g. Auslegung des Art. 73 BV hat im Übrigen auch die Entscheidung des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs vom 22. Oktober 2012 über die Zulassung des Volksbegehrens „Grundrecht auf Bildung ernst nehmen – Studienbeiträge abschaffen!“ (Az.: Vf. 57-IX-12) nichts geändert. Das Volksbegehren musste zugelassen werden, weil die Studiengebühren auf Grund der Konstruktion in Art. 71 BayHSchG nicht als Einnahmen des Staates zum Staatshaushalt, sondern als Einnahmen der Hochschulen in deren Körperschaftshaushalte vorgesehen waren und die Richter mehrheitlich zu der Überzeugung kamen, dass dies im Hinblick auf die Finanzierungsverantwortung des Staates für die Hochschulen einen für die zu treffende Bewertung entscheidenden Unterschied mache.

Wir sind der Meinung, dass Volksbegehren bzw. ein Volksentscheid über finanzwirksame Einzelgesetze nach richtiger Auslegung des Art. 73 BV bereits jetzt zulässig sind. Die demokratischen Grundgedanken der Verfassung im Sinn von Art. 75 Abs. 1 BV unterliegen der Ewigkeitsgarantie, die Interpretation des Verfassungsgerichtshofs zum Budgetrechts des Parlaments nicht.

Zur Unterschriftensammlung bei Volksbegehren:

Frage 2a: Sind Sie für die freie Unterschriftensammlung bei Volksbegehren?

Antwort: JA

Begründung: Wir sind wie beim Bürgerbegehren für die Möglichkeit der freien Unterschriftensammlung. Dies haben wir auch in einem Gesetzentwurf zur Änderung des Landeswahlgesetzes manifestiert (vgl. Gesetzentwurf auf Drs. 16/4015).

Frage 2b: Soll bei Volksbegehren auch die Möglichkeit der Unterschrift per "Briefeintragung" bestehen?

Antwort: JA

Begründung: Mit der Zulässigkeit der Möglichkeit der freien Unterschriftensammlung neben der Eintragung in Amtsräumen wäre schon viel geholfen. Wir sind aber auch für die Ausweitung der im Landeswahlgesetz bereits vorhandenen Möglichkeit, dass eine vom Stimmberechtigten beauftragte Hilfsperson im Eintragungsraum die Eintragung bei einem Volksbegehren vornimmt, so z. B. wenn der Stimmberechtigte wegen Altersbeschwerden während der gesamten Eintragungszeit nicht oder nur unter unzumutbaren Schwierigkeiten in der Lage ist, einen Eintragungsraum aufzusuchen. Wir haben hierzu Gesetzentwürfe zur Änderung des Landeswahlgesetzes in den Bayerischen Landtag eingebracht (vgl. unseren jüngsten Gesetzentwurf auf Drs. 16/16933).

Frage 2c: Sind Sie für eine Verlängerung der Eintragungsfrist beim Volksbegehren?

Antwort: JA

Begründung: Wir sind für eine Verlängerung der Eintragungsfrist beim Volksbegehren. Sie sollte auf einen Monat verlängert werden. Dies haben wir in dem in der Antwort zur Frage 2a erwähnten Gesetzentwurf auf Drs. 16/4015 gefordert.

Frage 2d: Sind Sie dafür, das Unterschriftenquorum bei Volksbegehren zu senken?

Antwort: JA

Begründung:Das relativ hohe Quorum beim Volksbegehren nach Art. 74 Abs. 1 BV hat seinen Grund mit darin, dass Art. 74 BV kein Quorum für den Volksentscheid vorsieht. Der Grundsatz „Mehrheit entscheidet!“ wurde - sofern es sich um verfassungsändernde Volksgesetze handelt - allerdings durch die Entscheidung über die Abschaffung des Bayerischen Senats vom 17. September 1999 (VerfGH 52/104) vom Bayerischen Verfassungsgericht aufgegeben, so dass das Eintragungsquorum von 10 Prozent der Stimmberechtigten nach Art. 74 Abs. 1 BV auch im Lichte dieser Entscheidung vom Verfassungsgesetzgeber neu zu bewerten ist. Hinzu kommen für die BayernSPD auch neue Entwicklungen, die es zu berücksichtigen gilt: So sieht der Gesetzentwurf der SPD-Fraktion im Deutschen Bundestag „Entwurf eines Gesetzes über Abstimmungen des Bundesvolkes (Bundesabstimmungsgesetz))“ (Drs. 17/13874) vor, dass ein Volksbegehren wirksam zustande gekommen ist, wenn es innerhalb der Eintragungszeit von einer Million Eintragungsberechtigten wirksam unterzeichnet worden ist (vgl. § 16 Abs. 1 des Gesetzentwurfs). Im Hinblick darauf, dass dieses vorgeschlagene Quorum deutlich niedriger ist als das in Bayern geltende Quorum des Art. 74 Abs. 1 BV sollte daher über eine Absenkung letzteren Quorums nachgedacht werden.

Frage 3: Die einjährige Bindungswirkung soll...

a) ...abgeschafft werden

b) ...auf drei Jahre verlängert werden

c) ...bestehen bleiben

Antwort: auf drei Jahre verlängern

Begründung: Die Bindungswirkung des Bürgerentscheids von einem Jahr ist zu gering. Damit kann der Gemeinderat bzw. Kreistag nach einem Jahr bereits eine den Bürgerentscheid konterkarierende Entscheidung treffen. Der knappe Zeitrahmen verführt dazu, die Frist abzuwarten, um den Bürgerentscheid nicht umsetzen zu müssen. Hierdurch wird die direkte Demokratie auf Ebene der Gemeinden und Landkreise ignoriert. Wir haben uns daher mehrmals für eine Verlängerung der Bindungswirkung an den Bürgerentscheid eingesetzt, zuletzt in unserem Gesetzentwurf zur Änderung des Gemeinde- und Landkreiswahlgesetzes und anderer Kommunalgesetze (Drs. 16/9192) auf zwei Jahre.  

Frage 4: Sind Sie für die Einführung eines bayerischen Informationsfreiheits- und Transparenzgesetzes?  

Antwort: JA

Begründung: Wir haben uns in den vergangenen drei Legislaturperioden wiederholt für ein Bayerisches Informationsfreiheitsgesetz eingesetzt und Gesetzentwürfe in den Bayerischen Landtag eingebracht, die allesamt an der CSU scheiterten. Auch die FDP hat in der 16. Legislaturperiode mit ihrem Koalitionspartner gestimmt, obwohl die FDP in ihrem Landeswahlprogramm 2008 für Bayern ein Landesinformationsfreiheitsgesetz gefordert hat. Auch unser jüngster Vorstoß ist gescheitert. Unser Gesetzentwurf für ein Bayerisches Transparenz- und Informationsfreiheitsgesetz (vgl. Drs. 16/13784) wurde nach der 2. Lesung im Plenum des Bayerischen Landtag von der CSU/FDP-Mehrheit im Landtag abgelehnt (vgl. Beschluss des Bayerischen Landtags auf Drs. 16/16578).

Frage 5: Sind Sie grundsätzlich für die Einführung bundesweiter Volksbegehren und Volksentscheide?  

Antwort: JA

Begründung: Wir sind für die Einführung bundesweiter Volksbegehren und Volksentscheide und haben uns daher auch im Bayerischen Landtag für eine entsprechende Änderung des Grundgesetzes eingesetzt. Ich verweise auf unsere einschlägigen Anträge (vgl. so z.B. in der 16. Legislaturperiode unsere Anträge auf Drs. 16/3074 und 16/11522).