Mitreden: Ein Pilot-Bürgerrat auf Landesebene

Die Stimmen zu vieler Menschen in Bayern werden von der Politik nicht gehört. Sinkende Wahlbeteiligung, Politikverdrossenheit und Lagerbildung sind die Folge. Das kann durch geloste Bürgerräte geändert werden! 

Bürgerräte schaffen Zeit und Raum für echte Debatten. Sie bauen (wieder) Vertrauen zur Politik auf und erfüllen eine Wegweiser-Funktion. Durch das Losverfahren werden auch soziale Gruppen eingebunden, die sich ansonsten weniger politisch beteiligen und weniger gehört werden. Zusätzlich ist das Verfahren transparent und weniger anfällig für Lobbyeinflüsse. Die Ergebnisse unterstützen Parlamente schließlich bei Entscheidungsprozessen. So können im Dialog Antworten auf gesamtgesellschaftliche Herausforderungen gefunden werden.

Darum fordern wir:

  • die Durchführung eines landesweiten Bürgerrats als Pilotprojekt nach gängigen Qualitätskriterien
  • eine Ansiedlung des Bürgerrats an das Landtagspräsidium
  • die langfristige Institutionalisierung von Bürgerräten auf landesweiter und kommunaler Ebene

Einige Bürgerräte fanden bereits in bayerischen Kommunen statt und auch auf Bundesebene wurden seit 2019 sieben Bürgerräte erfolgreich durchgeführt – genügend Erfahrungen, die auch auf die Landesebene übertragen werden können.

Welche Vorteile haben Bürgerräte?

  • Echte Vielfalt

    Die vielfältige Zusammensetzung der Bürgerräte ist deren besondere Stärke. Untersuchungen zeigen, dass eine Gruppe ganz unterschiedlicher Bürgerinnen und Bürger zu besseren Lösungen kommt als eine Gruppe von einander ähnlichen Menschen. Unterschiedliche Lebens- und Ausbildungswege führen zu unterschiedlichen Perspektiven, die alle in einem Bürgerrat zusammengeführt werden. Themen werden so aus verschiedenen Blickwinkeln betrachtet. So entstehen Lösungen aus der Basis vielfältiger Erfahrungswerte und Lebensumstände.

  • Per Losverfahren die Gesellschaft abbilden

    Die Teilnehmenden eines Bürgerrates werden per Losverfahren aus den Einwohnermelderegistern der Städte und Gemeinden ermittelt. Die Ausgelosten werden angeschrieben und eingeladen, sich für eine Teilnahme am anstehenden Bürgerrat zu bewerben. Dabei machen die Bewerberinnen und Bewerber Angaben, die aus den Einwohnermelderegistern nicht hervorgehen. Dabei geht es z.B. um ihrem Bildungsabschluss oder einem Migrationshintergrund. Anhand dieser Angaben und den bereits vorhandenen Daten zu Geschlecht, Alter und Wohnort wird eine Gruppe gebildet, die in ihrer Zusammensetzung ein möglichst gutes Abbild der Bevölkerung darstellt. So ist z.B. jeder Bürgerrat zur Hälfte mit Frauen besetzt. Sämtliche Kosten der Teilnehmenden werden übernommen. Ein Kümmern um die Betreuung von Kindern und Pflegebedürftigen wird angeboten. Die Zugänglichkeit des Veranstaltungsortes für Menschen mit körperlichen Beeinträchtigungen wird garantiert.

  • Fundierte Debatten

    In einem Bürgerrat erlangen die Teilnehmenden durch Expertinnen und Experten das Wissen, das zur Formulierung von Handlungsempfehlungen notwendig ist. Die Ausgelosten hören Vorträge und Diskussionen und können dazu Fragen stellen. Die Gruppe der Fachleute wird so zusammengestellt, dass sie möglichst vielfältig ist und ausgewogen das Pro & Kontra politischer Handlungsmöglichkeiten beleuchten.

  • Professionelle Moderation

    In professionell moderierten Tischgruppen mit bis zu acht Menschen finden Diskussionen über das Gehörte statt. Die Tischgruppen diskutieren in geschützten Raum. Wenn also Beobachter aus der Politik oder von den Medien dabei sind, darf nichts nach außen dringen. So kann sich eine ehrliche und ergebnisoffene Diskussion entfalten. Die Moderation achtet darauf, dass alle Menschen am Tisch gleichermaßen zu Wort kommen. In den Tischdiskussionen werden auch Handlungsempfehlungen entwickelt, die am Ende des Bürgerrates von allen beraten und abgestimmt werden. 

  • Empfehlungen unverbindlich

    Da Bürgerrat-Mitglieder nicht gewählt werden und somit kein Mandat aus der Bevölkerung haben, sind deren Empfehlungen formal unverbindlich. Nichtsdestotrotz werden die Empfehlungen solcher Losversammlungen nicht selten bei politischen Entscheidungen von Parlamenten und Gemeinderäten berücksichtigt. Auch ist es möglich, Bürgerräte mit den verbindlichen Verfahren direkter Demokratie zu verknüpfen. Damit wird allen Bürgerinnen und Bürgern die Möglichkeit gegeben, über Bürgerrat-Empfehlungen in einem Volks- oder Bürgerentscheid abzustimmen.

Bürgerräte in Bayern

Video: Wie funktioniert ein Bürgerrat?

Weitere Informationen zum Thema Bürgerrat

Podcast zu Bürgerräten in Bayern

(cc Hessischer Rundfunk)

Der Hessische Rundfunk hat mit ehemaligen Teilnehmern von Bürgerräten über ihre Erfahrungen gesprochen. Die gesamte Podcastreihe finden Sie hier.