CSU mit Status Quo zufrieden, Freie Wähler und SPD fordern Paradigmenwechsel hin zu mehr Informationsfreiheit

Die Landtagspolitiker Petra Guttenberger (CSU), Alexander Hold (Freie Wähler) und Horst Arnold (SPD) zeigen sich uneinig über die Ausgestaltung der Informationsfreiheitsrechte in Bayern. Während Guttenberger die bisherigen Informationsrechte für ausreichend hält, sprechen sich Hold und Arnold für eine neue Informationskultur aus, in der Bürger weitreichenderen Anspruch auf Informationsauskunft bei der Verwaltung erhalten als bisher. Im Zentrum steht die Frage, ob Bürger eine Anfrage auf Informationsauskunft begründen müssen oder ihnen dieses Recht auf Auskunft grundlos zusteht. Das geht aus einer Diskussionsveranstaltung der Regionalgruppe Bayern von Transparency International und Mehr Demokratie Bayern anlässlich des Anti-Korruptionstages am 09.12. hervor.

Die drei Landtagsabgeordneten diskutierten am Donnerstag Abend kontrovers über die Ausgestaltung der Informationsfreiheit in Bayern. CSU-Abgeordnete Petra Guttenberger hielt ein Plädoyer für Artikel 39 des Bayerischen Datenschutzgesetzes, durch den die Bürger bereits heute an Informationen kämen, sofern sie ihr Interesse darlegen. Alexander Hold von den Freien Wählern empfindet Artikel 39 als „nicht schlecht“, hält aber einen Perspektivwechsel für nötig, durch den grundsätzlich jeder an die nötigen Information gelange sollte. Indem Bürger zunächst ihre Informationsanfrage gegenüber der Verwaltung begründen müssen, erzeuge Artikel 39 ein Machtgefälle zwischen Verwaltung und Bürgern, das nicht mehr zeitgemäß sei, kritisierte SPD-Abgeordneter Horst Arnold. Ähnlich wie Lea Pfau vom Verein FragDenStaat forderte Arnold einen Paradigmenwechsel, durch den der Staat proaktiv Informationen bereitstellen sollte. Die Abfrage des Interesses in Artikel 39 soll den Bürger nicht in die Rechtfertigung drücken sondern die Behörde in die Lage versetzen, zielgerichteter zu arbeiten, argumentierte der Landesbeauftragte für Datenschutz Prof. Dr. Thomas Petri.

Der Freistaat verfügt auf Landesebene weder über ein Informationsfreiheitsgesetz noch über ein Transparenzgesetz. Der Artikel 39 des Bayerischen Datenschutzgesetzes normiert ein allgemeines Auskunftsrecht gegenüber staatlichen Stellen, das aber keinen voraussetzungslosen und damit freien Zugang zu amtlichen Informationen gewährt.

 

Guttenberger: Kein Mehrwert durch Informationsfreiheitsgesetz

Petra Guttenberger befürwortete die Informationsauskunftsregeln von Artikel 39 vehement. „Informationen zu bekommen steht immer im Spannungsfeld zur informationellen Selbstbestimmung. Um die Persönlichkeitsrechte Einzelner und Geschäftsgeheimnisse von Unternehmen zu wahren, ist es richtig, dass der Antragssteller zunächst sein Interesse an der Information darlegen muss. Die Behörde kann dann abwägen, ob das Interesse gerechtfertigt ist. Ich bin der Meinung, dass es in Bayern gut läuft mit Artikel 39. Daher sehe ich keinen Mehrwert in einem Informationsfreiheitsgesetz.“ Bei der Einführung eines Informationsfreiheitsgesetzes befürchtet Guttenberger, dass die Bürger personenbezogene Daten voneinander abrufen würden.

 

Hold: Artikel 39 nicht allumfassend, grundsätzlich sollte jeder an Informationen kommen

Alexander Hold sieht durchaus die Stärken von Artikel 39. „Das Bekunden von Interesse ist notwendig, damit die Verwaltung abwägen kann. Nichtsdestotrotz ist Artikel 39 nicht allumfassend. Wir arbeiten weiter daran, ein Informationsfreiheitsgesetz in Bayern einzuführen“, so der Abgeordnete der Freien Wähler. Für Hold steht fest, „dass grundsätzlich jeder an Informationen kommen sollte. Hierfür ist ein Perspektivwechsel hinsichtlich Informationsfreiheit nötig.“ Hold merkt aber auch an, dass der Aufwand und die Verantwortung für kleine Kommunen bei Informationsfreiheitsgesetzen hoch sei, besonders wenn es um die Abwägung bei persönlichen Daten gehe.

 

Arnold: Voraussetzungsloser Anspruch auf Informationen sollte Regelfall sein

Horst Arnold glaubt, „dass der Bürger mündig genug ist, um mit der Verwaltung auf Augenhöhe zu kommunizieren. Wissen ist Macht. Wenn alle Staatsgewalt vom Volk ausgeht, dann muss das Regierungswissen allen ermöglicht werden. Sonst herrscht ein Machtungleichgewicht zwischen Regierung und Bevölkerung.“ Deshalb fordert der SPD-Politiker einen Paradigmenwechsel in der bayerischen Informationskultur. „Wir brauchen ein Gesetz, in dem die Verwaltungen proaktiv Information bereitstellen. Der voraussetzungslose Anspruch auf Informationen soll die Regel sein und nur wenige Ausnahmen wie persönliche Daten, geistiges Eigentum sowie Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse umfassen.“

 

Petri: Abwägung stärkt Handlungsfähigkeit der Behörde

Der Landebeauftragte für Datenschutz Prof. Dr. Thomas Petri stellte fest, dass Artikel 39 „Vorteile im praktischen Vollzug“ habe. Die Möglichkeit der Abwägung stärke die Handlungsfähigkeit der Verwaltungen. Durch die Abfrage des Interesses „will die Behörde den Bürger nicht in die Rechtfertigung drücken. Sie wollen einfach nur wissen, warum und wofür die Information benötigt wird. Das versetzt die Behörde in die Lage, zielgerichteter zu arbeiten und die Daten entsprechend aufzubereiten“, so Petri. Dennoch empfiehlt er, die Ausnahmetatbestände von Artikel 39 zu reformieren.

 

Pfau: Informationen als Grundlage, um sich als Bürger einzubringen

Lea Pfau vom Verein FragDenStaat unterstreicht den Mehrwert von Informationsfreiheitsgesetzen für die Demokratie. „Durch Informationsfreiheitsgesetze erfahren wir, welche Stimmen im Meinungsbildungsprozess gehört werden, welche Absprachen die Regierung mit Unternehmen trifft und können Baupläne auf kommunaler Ebene einsehen. Informationen sind die Grundlage, um sich als Bürger politisch einzubringen.“ Noch immer lehnten Verwaltungen zu viele Informationsanfragen ab, weshalb Pfau einen Kulturwandel hin zur Informationsfreiheit in den Verwaltungen fordert.

 

+++ Hintergrundinformationen +++

Bayern liegt deutschlandweit auf dem letzten Platz im Transparenzranking von Mehr Demokratie und der Open Knowledge Foundation. Alle 13 Gesetzesinitiativen zur Einführung eines Informationsfreiheitsgesetzes scheiterten bisher an der Landtagsmehrheit.

Im Gegensatz zur Landesebene haben sich rund 90 Kommunen in Bayern selber oder per Bürgerbegehren Informationsfreiheitssatzungen auferlegt.

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