Kommentar: München: hoch bauen - wenig vertrauen

In München wurden ausreichende 32.976 Unterschriften eingereicht, um einen Bürgerentscheid über zwei Hochhausneubauten zu veranlassen. Im Stadtrat gibt es nun offensichtlich engagierte Bestrebungen, den Bürgerentscheid mit juristischen Mitteln zu verhindern. Gemäß Presseartikeln wird mit Hilfe der städtischen Rechtsabteilung damit argumentiert, dass in die „Planungshoheit der Stadt“ eingegriffen werde und dass „die notwendige Fundiertheit einer Abwägungsentscheidung grundsätzlich nicht erreicht werden kann“.

Es ist geradezu entsetzlich, welche Demokratievorstellung hier zum Vorschein kommt. Wer greift denn in die Planungshoheit der Stadt ein? Die Gemeinschaft der Stadtbürgerinnen und -bürger sind die Stadt. Der Stadtrat agiert als deren Stellvertreter. Die Stadt darf also nicht in die eigene Planungshoheit eingreifen oder wie ist das gemeint? Die Urheber dieser Argumentation können wohl getrost als Kandidaten für den Karl-Valentin-Orden vorgeschlagen werden!

Und was heisst es eigentlich, wenn die „notwendige Fundiertheit einer Abwägungsentscheidung grundsätzlich nicht erreicht werden kann“? Haben die befürwortenden Stadträte kein Vertrauen in die Fundiertheit der eigenen Entscheidung?

Die Gewählten in ihrer Gesamtheit sind schließlich auch keine professionellen Architekten und Stadtplaner, sondern wägen die Entscheidung aus ihrer Sicht des Interesses der Stadtgesellschaft ab. Es muss zum Selbstbewusstsein und Selbstverständnis von Mandatsträgern gehören, das man eine in diesem Sinne fundiert getroffene Entscheidung einer Mehrheit interessierter Bürgerinnen und Bürger auch vermitteln kann.

Ich fordere die hochhausbefürwortenden Stadträte auf, den Bürgerentscheid zuzulassen und die Herausforderung offensiv anzunehmen, die Wahlberechtigten von der Fundiertheit der Entscheidung zu überzeugen. Dazu gehört es, selbst eine öffentliche Kampagne für den Bau der Hochhäuser mit Hilfe der eigenen Anhänger zu starten. Mobilisieren Sie die Bürgerinnen und Bürger, die der Sache nicht ablehnend gegenüber stehen. Wenn der Hochhausbau ein Gewinn für die Stadt ist, dann lässt sich das auch machen. Dafür sollten Sie das Vertrauen auf Grund Ihrer eigenen Entscheidung aufbringen.

Zusätzlich schaffen Sie damit auch Vertrauen in die Demokratie – das ist dringend erforderlich. Die Durchführung von Bürgerentscheiden sollten begrüßt und befördert werden. Bürgerinnen und Bürger sind keine Ignoranten sondern wollen ernsthaft gefragt werden und entscheiden können.

Quellen:

https://www.tz.de/muenchen/stadt/buergerbegehren-fuer-unzulaessig-juristen-muenchen-erklaeren-hochhaus-93696412.html

https://www.sueddeutsche.de/muenchen/muenchen-hochhaeuser-buergerbegehren-paketpostareal-stadt-pruefung-li.3241782