Antrag auf Volksbegehren "Mehr Demokratie in Bayern: Schutz des Bürgerentscheids"

 

An das Staatsministerium des Innern: Die unterzeichnenden Stimmberechtigten beantragen, ein Volksbegehren für folgenden Gesetzentwurf zuzulassen.

Entwurf eines Gesetzes zum Schutz und zur Stärkung der Mitwirkungsrechte der bayerischen Bürgerinnen und Bürger in Städten, Gemeinden und Landkreisen

 

§ 1

Die Verfassung des Freistaates Bayern (BayRS 100-1-SI. zuletzt geändert durch die Gesetze vom 20. Febr. iqo8 (GVBl. S. 38, 39, 42). wird wie folgt geändert:

 

1. Art 11 Abs. 2 BV wird wie folgt geändert:

"1Die Gemeinden sind ursprüngliche Gebietskörperschaften des öffentlichen Rechts. 2Sie haben das Recht, ihre eigenen Angelegenheiten im Rahmen der Gesetze selbst zu ordnen und zu verwalten. 3Dieses Recht wird von den Gemeindebürgerinnen und Gemeindebürgern in Wahlen und Bürgerentscheiden und durch besondere Gemeindeorgane ausgeübt."

2. Der bisherige Art. 12 Abs. 3 der bayerischen Verfassung wird Art 12a und erhält folgenden Wortlaut:

"(1) Die Gemeindebürgerinnen und Gemeindebürger haben das Recht, Angelegenheiten der Gemeinde durch Bürgerbegehren und Bürgerentscheid zu regeln.

(2) Die Unterschriften für den Antrag auf Durchführung eines Bürgerentscheids (Bürgerbegehren) dürfen auch außerhalb der Amtsräume gesammelt werden (freie Unterschriftensammlung).

(3) Für einen ausreichenden Zeitraum während der Sammlung und von der Einreichung des Bürgerbegehrens bis zum Bürgerentscheid dürfen die Gemeindeorgane keine dem Begehren entgegenstehende Entscheidungen treffen oder vollziehen, es sei denn, zum Zeitpunkt der Einreichung haben rechtliche Verpflichtungen hierzu bestanden (Schutzwirkung).

(4) Die Mehrheit der abgegebenen gültigen Stimmen entscheidet, unabhängig von der Höhe der Beteiligung.

(5) Der Bürgerentscheid kann innerhalb von einem Jahr nur durch einen neuen Bürgerentscheid abgeändert werden.

(6) Die Bestimmungen der Abs. 1 mit 5 gelten auch für die Landkreise.

(7) Das Nähere regelt ein Gesetz."

 

§ 2

Art 18a der Gemeindeordnung für den Freistaat Bayern (BayRS 2027-1-1) zuletzt geändert durch Nr. 1 der Entscheidung des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs vom 29. August 1007 (GVB1. S. 520), wird wie folgt geändert:

 

(Änderungen der alten Fassung sind unterstrichen, Auslassungen der alten Fassung sind mit (...) bezeichnet.)

"(1) Die Gemeindebürgerinnen und Gemeindebürger können über Gemeindeangelegenheiten die Durchführung eines Bürgerentscheids beantragen (Bürgerbegehren),

(2) Der Gemeinderat kann (...) beschließen, daß über eine Gemeindeangelegenheit ein Bürgerentscheid stattfindet (Ratsreferendum).

(3) Ein Bürgerentscheid findet nicht statt über Angelegenheiten, die kraft Gesetz der Bürgermeisterin oder dem Bürgermeister obliegen, über die Rechtsverhältnisse der Gemeinderatsmitglieder, der Bürgermeisterin oder des Bürgermeisters und der Gemeindebediensteten und über die Haushaltssatzung.

(4) 1Das Bürgerbegehren muß eine mit Ja oder Nein zu entscheidende Fragestellung und eine Begründung enthalten sowie mindestens eine oder einen und höchstens drei Vertreterinnen oder Vertreter benennen, die berechtigt sind, die Unterzeichnenden zu vertreten. 2Für den Fall ihrer Verhinderung können zusätzlich Stellvertreterinnen und Stellvertreter benannt werden. 3Die Unterschriften für mehrere sachlich zusammenhängende Bürgerbegehren können auf einer Unterschriftenliste gesammelt werden. 4Mit der Unterschrift ist der Tag der Eintragung anzugeben.

(5) 1Das Bürgerbegehren kann nur von Personen unterzeichnet werden, die am Tage der Einreichung des Bürgerbegehrens Gemeindebürgerin oder Gemeindebürger sind. 2Für die Feststellung der Zahl der gültigen Unterschriften ist das Wählerverzeichnis vom Stand dieses Tages maßgebend.

(6) 1Ein Bürgerbegehren ist dann zustandegekommen, wenn es von der folgenden Anzahl von Gemeindebürgerinnen oder Gemeindebürgern, bezogen auf die Zahl der Stimmberechtigten (Quorum), unterstützt wird:

 

Einwohner/innen der Gemeinde Quorum des Bürgerbegehrens

bis 10.000 10%

bis 20.000 9%

bis 30.000 8%

bis 50.000 7%

bis 100.000 6%

bis 500.000 5%

über 500.000 3%

 

2Hierbei zählen nur die Unterschriften, die in einem Zeitraum von sechs Monaten vor Einreichung des Bürgerbegehrens geleistet wurden. 3Ferner können bis zur Zulässigkeitsentscheidung des Gemeinderates Unterschriften nachgereicht werden: diese dürfen auch nach der Einreichung des Bürgerbegehrens gesammelt werden.

(7) 1Die Unterschriftenlisten werden auf Antrag der Vertreterinnen und Vertreter des Bürgerbegehrens oder auf Anforderung der Gemeinde bis zur Einreichung des Bürgerbegehrens, längstens für sechs Monate, in den Amtsräumen der Gemeinde ausgelegt. 2Die Vertreterinnen und Vertreter des Bürgerbegehrens stellen die Unterschriftenlisten zur Verfügung. 3Daneben ist die freie Unterschriftensammlung zulässig. 4Die Gemeinde ist gegenüber den Vertreterinnen und Vertretern des Bürgerbegehrens auskunftspflichtig, wieviele Unterschriften ihr vorliegen. 5Pas Bürgerbegehren wird durch schriftliche Erklärung der Vertreterinnen und Vertreter des Bürgerbegehrens bei der Gemeinde eingereicht. 6Zugleich müssen die außerhalb der Amtsräume gesammelten Unterschriften vorgelegt werden.

(8) 1Für die in Satz 2 bestimmten Zeitabschnitte dürfen die Gemeindeorgane keine dem Begehren entgegenstehende Entscheidungen treffen oder vollziehen, es sei denn, zum Zeitpunkt der Vorlage der Unterschriften haben rechtliche Verpflichtungen hierzu bestanden. 2Die Schutzwirkung gilt:

 

- für einen Monat auf Antrag der Vertreterinnen und Vertreter des Bürgerbegehrens nach Vorlage der Hälfte der in Abs. 6 geforderten Unterschriften bei der Gemeinde,

- nach Einreichung des Bürgerbegehrens bis zur Zulässigkeitsentscheidung des Gemeinderates.

- bei zulässigem Bürgerbegehren bis zur Durchführung des Bürgerentscheides.

(9) 1Über die Zulässigkeit eines Bürgerbegehrens entscheidet der Gemeinderat innerhalb von zwei Monaten nach der Einreichung (...). 2Ein Bürgerbegehren ist unzulässig, wenn es bei jeder möglichen Auslegung rechtswidrig ist. 3Gegen die Zurückweisung eines Bürgerbegehrens können die Vertreterinnen und Vertreter des Bürgerbegehrens ohne Vorverfahren Klage erheben.

(10) 1Ist die Zulässigkeit gegeben, so ist innerhalb von sechs Monaten der Bürgerentscheid durchzuführen. 2Bürgerentscheide sollen mit anderen Abstimmungen und Wahlen zusammengelegt werden, soweit es die Fristeinhaltung zuläßt. 3Die Kosten des Bürgerentscheids trägt die Gemeinde. 4Stimmberechtigt ist jede Gemeindebürgerin und jeder Gemeindebürger. 5Die Möglichkeit der brieflichen Abstimmung ist zu gewährleisten. 6Die Gemeinden werden ermächtigt, das Nähere durch Satzung zu regeln.

(11) 1Ist in einem Stadtbezirk ein Bezirksausschuß gebildet worden, so kann über Angelegenheiten, die diesem Bezirksausschuß zur Entscheidung übertragen sind, auch innerhalb des Stadtbezirks ein Bürgerentscheid stattfinden. 2Stimmberechtigt ist jede im Stadtbezirk wohnhafte Gemeindebürgerin und jeder im Stadtbezirk wohnhafte Gemeindebürger. 3Der Antrag ist schriftlich an den Bezirksausschuß zur Weiterleitung an den Stadtrat zu richten. 4Die Vorschriften der Absätze 2 bis 14 finden entsprechend Anwendung.

(12) 1Bei einem Bürgerentscheid ist die gestellte Frage in dem Sinne entschieden, in dem sie von der Mehrheit der abgegebenen gültigen Stimmen beantwortet wurde. 2Bei Stimmengleichheit gilt die Frage als mit Nein beantwortet. 3Über mehrere Fragestellungen, die den gleichen Gegenstand betreffen, inhaltlich aber nicht miteinander vereinbar sind, wird einzeln abgestimmt. 4Darüber hinaus können die Stimmberechtigten kennzeichnen, welche Alternative sie bevorzugen, wenn mehrere Fragestellungen mit la entschieden werden: in diesem Falle ist diejenige Fragestellung angenommen, die in der Stichfrage die meisten Stimmen erhält.

(13) 1Der Bürgerentscheid hat die Wirkung eines Beschlusses des Gemeinderates. 2Der Bürgerentscheid kann innerhalb von einem Jahr nur durch einen neuen Bürgerentscheid abgeändert werden (Bindungswirkung). 3Die Gemeinde ist zur Umsetzung des Bürgerentscheids verpflichtet. 4Hält die Gemeinde diese Verpflichtung nicht ein, können die Vertreterinnen und Vertreter des Bürgerbegehrens Klage erheben.

(14) 1Der Bürgerentscheid entfällt, wenn der Gemeinderat die Durchführung der mit dem Bürgerbegehren verlangten Maßnahme beschließt. 2Für einen Gemeinderatsbeschluß nach Satz 1 gilt die Bindungswirkung des Absatzes 13 Satz 2 entsprechend.

(15) 1Die vom Gemeinderat und die von den Vertreterinnen und Vertretern des Bürgerbegehrens vorgebrachten Auffassungen zum Gegenstand eines Bürgerentscheides oder mehrerer Bürgerentscheide zum gleichen Gegenstand dürfen in Veröffentlichungen und Veranstaltungen der Gemeinde nur in gleichem Umfang dargestellt werden. 2Bei Bürgerentscheiden, die aufgrund eines Ratsreferendums stattfinden, ist die Gemeinde verpflichtet, die Positionen zu der zur Abstimmung vorliegenden Fragestellung ausgewogen darzustellen. 3Zur Information der Bürgerinnen und Bürger werden von der Gemeinde den Beteiligten die gleichen Möglichkeiten wie bei Gemeinderatswahlen eröffnet.

(16) Das Ergebnis des Bürgerentscheides ist in der Gemeinde in der ortsüblichen Weise bekannt zu machen.

(17) 1In Verwaltungsgemeinschaften kann ein Bürgerbegehren von den Bürgerinnen und Bürgern aller Mitgliedsgemeinden beantragt werden, soweit Gegenstand eines Bürgerbegehrens eine Entscheidung ist, für die gemäß Art. 6 Abs. 1 der Verwaltungsgemeinschaftsordnung die Gemeinschaftsversammlung zuständig ist 2Beim Bürgerentscheid entscheiden die Bürgerinnen und Bürger aller Mitgliedsgemeinden. 3Äbsätze 1 bis 16 gelten entsprechend."

 

§3

Art. 25a der Landkreisordnung in der Fassung vom 27. Okt. 1995 (GVBl S. 730, BayRS 2027-1-1) erhält folgenden Wortlaut:

(Änderungen der alten Fassung sind unterstrichen, Auslassungen der alten Fassung sind mit (...) bezeichnet.)

"(1) Die Landkreisbürgerinnen und Landkreisbürger können über Kreisangelegenheiten die Durchführung eines Bürgerentscheids beantragen (Bürgerbegehren).

(2) Der Kreistag kann (...) beschließen, daß über eine Kreisangelegenheit ein Bürgerentscheid stattfindet Kreistagsreferendum).

(3) Ein Bürgerentscheid findet nicht statt über Angelegenheiten, die kraft Gesetz der Landrätin oder dem Landrat obliegen, über die Rechtsverhältnisse der Kreisrätinnen und Kreisräte, der Landrätin oder des Landrates und der Landkreisbediensteten und über die Haushaltssatzung.

(4) 1Das Bürgerbegehren muß eine mit Ja oder Nein zu entscheidende Fragestellung und eine Begründung enthalten sowie mindestens eine oder einen und höchstens drei Vertreterinnen oder Vertreter benennen, die berechtigt sind, die Unterzeichnenden zu vertreten. 2Für den Fall ihrer Verhinderung können zusätzlich Stellvertreterinnen und Stellvertreter benannt werden. 3Die Unterschriften für mehrere sachlich zusammenhängende Bürgerbegehren können auf einer Unterschriftenliste gesammelt werden. 4Mit der Unterschrift ist der Tag der Eintragung anzugeben.

(5) 1Das Bürgerbegehren kann nur von Personen unterzeichnet werden, die am Tage der Einreichung des Bürgerbegehrens Kreisbürgerin oder Kreisbürger sind. 2Für die Feststellung der Zahl der gültigen Unterschriften ist das Wählerverzeichnis vom Stand dieses Tages maßgebend. 3Auf einer Unterschriftenliste dürfen immer nur Bürgerinnen und Bürger einer kreisangehörigen Gemeinde unterschreiben. 4Unterschreiben Bürgerinnen und Bürger mehrerer Gemeinden auf einer Liste, so zählen nur die Unterschriften einer Gemeinde.

(6) 1Ein Bürgerbegehren ist dann zustandegekommen, wenn es von der folgenden Anzahl von Kreisbürgerinnen oder Kreisbürgern, bezogen auf die Zahl der Stimmberechtigten (Quorum), unterstützt wird:

Einwohner/innen Quorum des

des Landkreises Bürgerbegehrens

bis 100.000 6%

bis 500.000 5%

 

2Hierbei zählen nur die Unterschriften, die in einem Zeitraum von sechs Monaten vor Einreichung des Bürgerbegehrens geleistet wurden. 3Ferner können bis zur Zulässigkeitsentscheidung des Gemeinderates Unterschriften nachgereicht werden: diese dürfen auch nach der Einreichung des Bürgerbegehrens gesammelt werden.

(7) 1Die Unterschriftenlisten werden auf Antrag der Vertreterinnen und Vertreter des Bürgerbegehrens oder auf Anforderung des Landkreises bis zur Einreichung des Bürgerbegehrens, längstens für sechs Monate, in den Amtsräumen der Gemeinden und des Landkreises ausgelegt. 2Die Vertreterinnen und Vertreter des Bürgerbegehrens stellen die Unterschriftenlisten zur Verfügung. 3Daneben ist die freie Unterschriftensammlung zulässig. 4Die Gemeinden und der Landkreis sind gegenüber den Vertreterinnen und Vertretern des Bürgerbegehrens auskunftspflichtig, wieviele Unterschriften ihnen vorliegen. 5Das Bürgerbegehren wird durch schriftliche Erklärung der Vertreterinnen und Vertreter des Bürgerbegehrens beim Landratsamt eingereicht. 6Zugleich müssen die außerhalb der Amtsräume gesammelten Unterschriften vorgelegt werden.

(8) 1für die in Satz 2 bestimmten Zeitabschnitte dürfen die Landkreisorgane keine dem Begehren entgegenstehende Entscheidungen treffen oder vollziehen, es sei denn, zum Zeitpunkt der Vorlage der Unterschriften haben rechtliche Verpflichtungen hierzu bestanden. 2Die Schutzwirkung gilt:

 

- für einen Monat auf Antrag der Vertreterinnen und Vertreter des Bürgerbegehrens nach Vorlage der Hälfte der in Abs. 6 geforderten Unterschriften beim Landkreis.

- nach Einreichung des Bürgerbegehrens bis zur Zulässigkeitsentscheidung des Kreistages.

- bei zulässigem Bürgerbegehren bis zur Durchführung des Bürgerentscheides.

(9) 1Über die Zulässigkeit eines Bürgerbegehrens entscheidet der Kreistag innerhalb von zwei Monaten nach der Einreichung (...). 2Ein Bürgerbegehren ist unzulässig, wenn es bei jeder möglichen Auslegung rechtswidrig ist. 3Gegen die Zurückweisung eines Bürgerbegehrens können die Vertreterinnen und Vertreter des Bürgerbegehrens ohne Vorverfahren Klage erheben.

(10) 1Ist die Zulässigkeit gegeben, so ist innerhalb von sechs Monaten der Bürgerentscheid durchzuführen. 2Bürgerentscheide sollen mit anderen Abstimmungen und Wahlen zusammengelegt werden, soweit es die Fristeinhaltung zuläßt. 3Die Kosten des Bürgerentscheids trägt der Landkreis. 4Stimmberechtigt ist jede Kreisbürgerin und jeder Kreisbürger. 5Die Möglichkeit der brieflichen Abstimmung ist zu gewährleisten. 6Die Landkreise werden ermächtigt, das Nähere durch Satzung zu regeln.

(11) 1Bei einem Bürgerentscheid ist die gestellte Frage in dem Sinne entschieden, in dem sie von der Mehrheit der abgegebenen gültigen Stimmen beantwortet wurde. 2Bei Stimmengleichheit gilt die Frage als mit Nein beantwortet. 3Über mehrere Fragestellungen, die den gleichen Gegenstand betreffen, inhaltlich aber nicht miteinander vereinbar sind, wird einzeln abgestimmt. 4Darüber hinaus können die Stimmberechtigten kennzeichnen, welche Alternative sie bevorzugen, wenn mehrere Fragestellungen mit la entschieden werden: in diesem Falte ist diejenige Fragestellung angenommen, die in der Stichfrage die meisten Stimmen erhält.

(12) 1Der Bürgerentscheid hat die Wirkung eines Beschlusses des Kreistages. 2Der Bürgerentscheid kann innerhalb von einem Jahr nur durch einen neuen Bürgerentscheid abgeändert werden (Bindungswirkung). 3Der Landkreis ist zur Umsetzung des Bürgerentscheids verpflichtet. 4Hält der Landkreis diese Verpflichtung nicht ein, können die Vertreterinnen und Vertreter des Bürgerbegehrens Klage erheben.

(13) 1Der Bürgerentscheid entfällt, wenn der Kreistag die Durchführung der mit dem Bürgerbegehren verlangten Maßnahme beschließt. 2Für einen Kreistagsbeschluß nach Satz 1 gilt die Bindungswirkung des Absatzes 12 Satz 2 entsprechend.

(14) 1Die vom Kreistag und die von den Vertreterinnen und Vertretern des Bürgerbegehrens vorgebrachten Auffassungen zum Gegenstand eines Bürgerentscheides oder mehrerer Bürgerentscheide zum gleichen Gegenstand dürfen in Veröffentlichungen und Veranstaltungen des Landkreises nur in gleichem Umfang dargestellt werden. 2Bei Bürgerentscheiden, die aufgrund eines Kreistagsreferendums stattfinden, ist der Landkreis verpflichtet, die Positionen zu der zur Abstimmung vorliegenden Fragestellung ausgewogen darzustellen. 3Zur Information der Bürgerinnen und Bürger werden vom Landkreis den Beteiligten die gleichen Möglichkeiten wie bei Kreistagswahlen eröffnet.

(15) Das Ergebnis des Bürgerentscheides ist im Landkreis in der ortsüblichen Weise bekannt zu machen.

(16) 1Die Gemeinden wirken im erforderlichen Umfang bei der Überprüfung von Bürgerbegehren und bei der Durchführung von Bürgerentscheiden mit. 2Der Landkreis erstattet den Gemeinden die dadurch entstehenden Kosten.

(17) 1Ist eine kreisangehörige Gemeinde von einer Maßnahme des Landkreises besonders betroffen, so kann ein Bürgerentscheid über diese Maßnahme auch von den Bürgerinnen und Bürgern dieser Gemeinde beantragt werden. 2Dieses Bürgerbegehren muß von mindestens 25 vom Hundert der Gemeindebürgerinnen und Gemeindebürger unterzeichnet sein. 3Die Vorschriften der Absätze 1 bis Absatz 6 Satz 2 und Absatz bis 16 finden entsprechend Anwendung."

 

§ 4

Art 9 a des Gemeinde- und Landkreiswahlgesetzes (GLKrWG) in der Fassung vom 27.08.1005 (GbVl. S. 590) wird festlichen.

 

§ 5

Dieses Gesetz tritt am ............... in Kraft.

 

BEGRÜNDUNG:

VORSPANN:

Das Volksbegehren "Mehr Demokratie in Bayern: Schutz des Bürgerentscheids und Stärkung der Kommunen" kommt dem wachsenden Bedürfnis der Bürgerinnen und Bürger auf direkte Beteiligung an politischen Entscheidungen nach. Es gibt zwei aktuelle Anlässe für den Gesetzentwurf:

· Der Bayerische Verfassungsgerichtshof hat in seiner Entscheidung vom 29.8.1997 den Gesetzgeber (das Volk oder den Landtag) beauftragt, bis zum 1.1.2000 einige Punkte der Bürgerentscheidsregelung gesetzlich neu zu fassen.

· Die Auswertung der Erfahrungen mit dem am 1. Oktober 1995 in Kraft getretenen Bürgerentscheidsgesetz legten einige Verbesserungen nahe: Ausweitung der Themen für Bürgerentscheide, Schließung von Gesetzeslücken und Vermeidung von Mißverständnissen durch klarstellende Formulierungen.

 

DIE WICHTIGSTEN PUNKTE DES GESETZENTWURFES:

· Der Themenbereich für Bürgerentscheide wird auf die Fragen des "übertragenen Wirkungskreises" erweitert, damit in Zukunft Bürgerentscheide auch z.B. zu Tempo-30-Zonen, Parkraum-Regelungen, Geschwindigkeitsbegrenzungen und Baumschutzverordnungen möglich sind.

· Die freie Unterschriftensammlung wird in der Verfassung abgesichert

· Die Schutzwirkung von Bürgerbegehren wird wieder eingeführt, um die durch die Entscheidung des Bayerischen Verfassungsgerichtshofes eingetretene Rechtsunsicherheit zu beenden und Bürgerbegehren vor der Schaffung von vollendeten Tatsachen zu bewahren. Der Entscheidung des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs wird Rechnung getragen durch die verfassungsrechtliche Absicherung der Schutzwirkung.

· Die Bindungswirkung von Bürgerentscheiden wird in der Verfassung abgesichert. Der Entscheidung des Bayerischen Verfassungsgerichtshofes wird Rechnung getragen durch die Verkürzung der Bindungswirkung von bisher drei Jahren auf ein Jahr. Außerdem erhält der Gemeinderat die Möglichkeit, auch während der Bindungswirkung mit einfacher Mehrheit (bisher Zwei-Drittel-Mehrheit) einen Bürgerentscheid herbeizuführen und ist damit jederzeit handlungsfähig.

· Das Mehrheitsprinzip bei Bürgerentscheiden wird in der Verfassung abgesichert (Verbot von Abstimmungsklauseln). Der Entscheidung des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs wird dadurch und durch die Verkürzung der Bindungswirkung auf ein Jahr Rechnung getragen.

· Bei sich widersprechenden Vorlagen wird die Stichfrage eingeführt, um sicherzustellen, daß jeder Bürgerentscheid ein klares Ergebnis erbringt und um Bürgerentscheide vor taktischen Manövern durch Gemeinderäte (wie in den Fällen Kempten, Wertingen oder Mering) zu schützen.

· Dem Gemeinderat wird ermöglicht, mit einfacher Mehrheit einen Gegenentwurf mit zum Bürgerentscheid zu stellen, um dem wachsenden Bedürfnis vieler Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitiker nach aktiver Beteiligung bei Bürgerentscheiden entgegenzukommen.

· Zusätzlich zur freien Sammlung wird die Auslegung der Listen für Bürgerbegehren in den Amtsräumen der Gemeinde eingeführt, um mehr Eintragungsmöglichkeiten für die Bürgerinnen und Bürger zu schaffen.

· Zur Kostenersparnis wird das bisherige Verbot, Bürgerentscheide gleichzeitig mit anderen Wahlen und Abstimmungen durchzuführen, gestrichen.

 

Begründung im Einzelnen:

§1

Änderung der Bayerischen Verfassung (BV)

 

Zu Art. 11 Abs. 2 BV (Kommunale Selbstverwaltung):

Es wird klargestellt, daß das Selbstverwaltungsrecht der Kommunen gleichberechtigt von den Gemeindebürger/innen und den gewählten Gemeinderäten, Bürgermeister/innen ausgeübt wird. Es gibt kein Konkurrenzverhältnis, sondern ein Nebeneinander von gleichermaßen Ausübungsberechtigten.

Zu Art 12a Abs. 1 BV (Gegenstände von Bürgerbegehren und Bürgerentscheiden):

· Der bisherige Art. 12 Abs. 3 wird aus Gründen der Übersichtlichkeit zu Art. 12a.

· Die Beschränkung von Bürgerbegehren und Bürgerentscheid auf den eigenen Wirkungskreis entfällt Dies entspricht der Regelung in Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein. Durch diese Ausweitung von Bürgerentscheiden auf den übertragenen Wirkungskreis sind auch Bürgerentscheide zu originären Gemeindefragen wie beispielsweise Ausweisung von Tempo 30-Zonen, Geschwindigkeitsbegrenzungen, Einbahnstraßen oder Baumschutzverordnungen möglich.

· Bürgerentscheide sind im übertragenen Wirkungskreis jedoch nur insoweit möglich, wie die staatlichen Vorgaben den Gemeinden freien Entscheidungsspielraum lassen. Auch im Bereich des übertragenen Wirkungskreises kann im Bürgerentscheid nur soweit entschieden werden, wie es auch der Gemeinderat kann. Widerspricht ein Bürgerbegehren den gesetzlichen Vorgaben, so ist es unzulässig.

· Trotz dieser Themenausweitung bleiben also die allermeisten Fragen des übertragenen Wirkungskreises Bürgerentscheiden nicht zugänglich, da sie in den Bereich der laufenden Angelegenheiten des ersten Bürgermeisters fallen (z.B. Ausstellung von Pässen, Eheschließung beim Standesamt).

Zu Art 12a Abs. 2 BV (Freie Sammlung bei Bürgerbegehren):

Die bestehende freie Sammlung von Unterschriften für ein Bürgerbegehren wird in der Verfassung abgesichert. Die freie Unterschriftensammlung ist die "Seele der direkten Demokratie", da hier das politische Gespräch zwischen den Bürgerinnen und Bürgern stattfindet.

Zu Art. 12a Abs. 3 Satz 1 BV (Schutzwirkung bei Bürgerbegehren):

Nachdem der Bayerische Verfassungsgerichtshof in seiner Entscheidung vom 29.8.1997 die bisherige Regelung des Art. 18a Abs. 8 GO und Art. 25a Abs. 8 LkrO für nichtig erklärte und damit die gesetzliche Regelung der Schutzwirkung von Bürgerbegehren aufgehoben hat, wurde von den Verwaltungsgerichten eine aufschiebende Wirkung regelmäßig in Eilverfahren wieder ausgesprochen (siehe z.B. BayVGH, Beschluß vom 12.9.1997 - 4 ZE 97.2758 und BayVGH, Beschluß vom 7.10.1997 - 4 ZE 97.2965). Eine klare und für alle Fälle gültige gesetzliche Regelung ist jedoch zur Rechtssicherheit notwendig. Es ist unzumutbar, wenn eine Initiative zuerst einen Rechtsanwalt und ein Gericht beschäftigen und ein großes Kostenrisiko eingehen muß, bevor es eine Schutzwirkung für ein Bürgerbegehren gibt. Da die Sammlung der Unterschriften für ein Bürgerbegehren naturgemäß einige Zeit in Anspruch nimmt (im Durchschnitt ca. 40 Tage), muß die Schutzwirkung auch schon während dieser Sammlung gelten (so auch die ständige Rechtsprechung in Hessen z.B. VGH Kassel Az: 6 TG 2221/93). Eine genaue Definition des "ausreichenden Zeitraums" ist der Gemeindeordnung überlassen. Die Schutzwirkung kann natürlich nicht bestehen, wenn die Gemeinde schon rechtliche Verpflichtungen gegenüber Dritten eingegangen ist, bzw. zu bestimmten Maßnahmen gesetzlich verpflichtet ist.

Zu Art. 12a Abs. 4 BV (Mehrheitsprinzip bei Burgerentscheiden):

· Das bestehende Mehrheitsprinzip bei Bürgerentscheiden wird in der Verfassung abgesichert und damit Art. 2 ("Mehrheit entscheidet") der Bayerischen Verfassung ausdrücklich bestätigt. Die bald dreijährige Praxis mit kommunalen Bürgerentscheiden zeigt, daß es keinen Grund zur Aufhebung des Mehrheitsprinzips durch eine Abstimmungsklausel gibt,

· In einer Demokratie entscheiden die Bürgerinnen und Bürger, die ihre Rechte wahrnehmen und sich äußern. Eine Abstimmungsklausel würde nur dazu führen, daß Stimmenthaltungen als Nein-Stimmen gewertet werden. Die Demokratie würde auf den Kopf gestellt: Nicht diejenigen, die zur Urne gehen entscheiden, sondern diejenigen, die zu Hause bleiben. Den Bürgerinnen und Bürgern wird das Recht auf Stimmenthaltung genommen. Da Mehrheitsentscheidungen aufgrund einer Abstimmungsklausel nicht immer zählen, könnte sich letztlich die Minderheit durchsetzen.

Zu Art 12a Abs. s BV (Bindungswirkung):

Die Bindungswirkung von Bürgerentscheiden wird in der Verfassung abgesichert und von bisher drei Jahren auf ein Jahr verringert. Außerdem erhält der Gemeinderat die Möglichkeit auch während der Bindungswirkung mit einfacher Mehrheit (bisher Zwei-Drittel-Mehrheit) einen Bürgerentscheid herbeizuführen und ist damit jederzeit handlungsfähig. Mit diesen Regelungen wird der Entscheidung des Bayerischen Verfassungsgerichtshofes Rechnung getragen.

Zu Art 12a Abs. 6 BV (Auftrag zur einfach gesetzlichen Regelung):

Entspricht der bisherigen Regelung.

 

Zu Art 12a Abs. 7 BV (Geltungsbereich auf für Landkreise):

Entspricht der bisherigen Regelung.

 

§2

Änderung der Bayerischen Gemeindeordnung (GO)

Zu Art. 18a Abs. 1 GO (Gegenstände von Bürgerbegehren und Burgerentscheiden):

Bürgerentscheide werden zu allen Gemeindeangelegenheiten ermöglicht und nicht mehr nur zu Fragen des eigenen Wirkungskreises (siehe Anm. zu Art. 12a Abs. 1 BV).

Zu Art. 18a Abs. 2 GO (Ratsreferendum):

Die Hürden für ein Ratsreferendum werden von bisher zwei Dritteln der gesetzlich vorgeschriebenen Gemeinderatsmitglieder auf die einfache Mehrheit der anwesenden Gemeinderatsmitglieder gesenkt. Damit wird dem Bedürfnis von vielen Gemeinderäten. Abstimmungsalternativen zu Bürgerbegehren einbringen zu können, Rechnung getragen.

Zu Art. 18a Abs. 3 GO (Themenausschluß):

· Der bisherige Themenausschluß „Fragen der inneren Organisation der Gemeindeverwaltung" wird gestrichen.

· Die Formulierung "Fragen der inneren Organisation der Gemeindeverwaltung" war in der rechtlichen Praxis unklar. Denn die tatsächliche innere Verwaltungsorganisation ist Bürgerentscheiden sowieso nicht zugänglich:

- Durch den Themenausschluß "Angelegenheiten, die kraft Gesetz dem Bürgermeister obliegen", sind die Fragen der tatsächlichen inneren Verwaltungsorganisation Bürgerentscheiden nicht zugänglich. Nach Art. 46 sind die eigenen Entscheidungskompetenzen des Bürgermeisters in der bayerischen Gemeindeordnung ausreichend von den Kompetenzen des Stadtrates und damit auch der Bürger in Bürgerentscheiden abgegrenzt.

- Alle Personalentscheidungen sind durch den Themenausschluß "Rechtsverhältnisse der Gemeindebedienstete" von Bürgerentscheiden ausgenommen.

- In der Auslegung wurde die Formulierung "Fragen der inneren Organisation der Gemeindeverwaltung" auf zusätzliche Bereiche ausgedehnt. Es ist jedoch kein Grund ersichtlich, warum die Bürgerinnen und Bürger nicht über die Anzahl der Referate und Ämter oder Grundsätze einer Verwaltungsreform genauso wie der Stadtrat entscheiden sollen (siehe hierzu die Diskussion um das Bürgerbegehren zum Erhalt des Umweltdezernenten in Nürnberg 1997).

 

Zu Art. 18a Abs. 4 GO (Form des Bürgerbegehrens. Vertreterregelung):

· Die Vertreterregelung wird flexibler gestaltet und klarer gefaßt. Bislang wurden im Gesetz drei Vertreterinnen und Vertreter verlangt. In der Praxis wurden jedoch häufiger vier oder mehr Vertreterinnen und Vertreter auf der Unterschriftenliste aufgeführt, was nach einen Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes zur Unzulässigkeit des Bürgerbegehrens führt, jetzt ist für jeden unmißverständlich beschrieben, daß zwischen ein bis drei Vertreterinnen und Vertreter benannt werden müssen, und daß für den Fall der Verhinderung zusätzlich Stellvertreter benannt werden können.

· Um den Bürgerinnen und Bürgern mehr Auswahlfreiheit zu ermöglichen, wurde geregelt, daß auf einer Unterschriftenliste mehrere sachlich zusammenhängende Bürgerbegehren zusammengefaßt werden können. Es ist nun also möglich, daß auf einer Unterschriftenliste gleichzeitig ein Bürgerbegehren für lange Tunnels und ein zweites Bürgerbegehren für kurze Tunnels unterschrieben werden kann. Beim Bürgerentscheid können die Stimmberechtigten dann über beide Alternativen getrennt abstimmen. Es handelt sich dabei um zwei eigenständige Bürgerentscheide, über die jeweils mit Ja und Nein abgestimmt werden kann. Falls die Bürgerbegehren sachlich nicht zusammenhängen, gilt diese Sonderregel nicht.

Da infolge der Möglichkeit der Amtseintragung eine Eintragungsfrist von sechs Monaten bei Bürgerbegehren eingeführt wird, muß mit der Unterschrift das Datum der Eintragung angegeben werden.

 

Zu Art 18a Abs. 5 GO (Unterzeichnungsberechtigung):

Entspricht der bisherigen Regelung.

Zu Art 18a Abs. 6 GO (Quorum des Bürgerbegehrens):

· Es ist neu, daß nur die Unterschriften zählen, die in einem Zeitraum von sechs Monaten vor Einreichung des Bürgerbegehrens geleistet wurden. Diese zeitliche Beschränkung ist Folge der neu eingeführten amtlichen Eintragungsmöglichkeit. In der Praxis ist eine Frist von sechs Monaten unproblematisch, da nur zwei von ca. 500 bisherigen bayerischen Bürgerbegehren länger als sechs Monate benötigten.

· Die Frist ergibt sich durch den Termin der Einreichung des Bürgerbegehrens. Das heißt, Bürgerinnen und Bürger können jederzeit mit der Sammlung der Unterschriften für ein Bürgerbegehren beginnen, ohne dies vorher bei der Gemeinde anmelden zu müssen. Daraus ergibt sich, daß es theoretisch möglich ist, daß zum Beispiel sieben Monate lang Unterschriften gesammelt werden. In diesem Fall zählen die Unterschriften des ersten Monats jedoch nicht, sondern nur die Unterschriften, die in den sechs Monaten vor dem Einreichungstermin gesammelt wurden.

Da die Initiatoren eines Bürgerbegehrens das Erreichen des Unterschriftenquorums nie genau feststellen können, da immer unklar ist, wieviel ungültige Unterschriften (z.B. Zweitwohnsitz, Doppeleintragungen unleserlich geschrieben, etc.) vorhanden sind, wird entsprechend der bisherigen Praxis festgeschrieben, daß Unterschriften bis zur Zulässigkeitsentscheidung des Gemeinderates nachgereicht werden können. Diese können auch nach der Einreichung des Bürgerbegehrens gesammelt werden.

 

Zu Art 18a Abs. 7 GO (amtliche Eintragung, Einreichung des Bürgerbegehrens):

- Neu eingeführt wird die amtliche Eintragung - zusätzlich zur freien Sammlung. Dafür sprechen folgende Gründe:

- Die Bürgerinnen und Bürger haben mehr Eintragungsmöglichkeiten

- Bei landesweiten Volksbegehren kann man sich in den Gemeindeämtern eintragen, deshalb ist es für manche Bürgerinnen und Bürger verwirrend, wenn dies bei kommunalen Begehren nicht möglich ist.

 

- Die Listen liegen in den Gemeindeämtern auf Antrag der Vertreterinnen und Vertreter des Bürgerbegehrens oder auf Anforderung der Gemeinde bis zur Einreichung des Bürgerbegehrens, längstens für sechs Monate aus. Ergreift keine der beiden Seiten die Initiative, so entfällt die Amtseintragung.

- Die Listen müssen bei den Gemeinden ausliegen, es müssen also keine extra Eintragungsräume und Eintragungszeiten angeboten werden. Für die Gemeinden bedeutet dies kaum Mehraufwand, da sie sowieso im Rahmen der Amtshilfe eine Vielzahl von Formularen vorrätig halten müssen.

- Die Gemeinden müssen die Unterschriften nicht gleichzeitig mit der Eintragung überprüfen. Nach Abs. 5 ist für die Feststeilung der Zahl der gültigen Unterschriften das Wählerverzeichnis vom Tag der Einreichung des Bürgerbegehrens maßgebend. Deshalb ist es sinnvoller, wenn die Gemeinden die Unterschriften erst nach der Einreichung des Bürgerbegehrens überprüfen.

- Die bislang in Abs. 7 geregelte besondere Form der Einleitung eines Bürgerentscheides durch 25 Prozent der Einwohner eines Stadtbezirkes wurde gestrichen. In den wenigen Anwendungsfällen, z.B. in München zu den Bebauungsplänen Trudering und Aubing, wurde diese Regelung öffentlich kritisiert.

Zu Art 18a Abs. 8 GO (Schutzwirkung von Bürgerbegehren):

- In Ausführung von Art. 12a Abs. 3 BV tritt die Schutzwirkung von Bürgerbegehren nach der Vorlage der Hälfte der notwendigen Unterschriften für den Zeitraum von einem Monat ein. Diese Frist wurde gewählt, da die durchschnittliche Sammeldauer von Bürgerbegehren 40 Tage beträgt, (siehe Anm. zu Art. 12a Abs. 3)

- Bei unzulässigen Bürgerbegehren endet die Schutzwirkung mit der Unzulässigkeitserklärung durch den Gemeinderat. Wenn die Unzulässigkeit umstritten ist und die Vertreterinnen und Vertreter des Bürgerbegehrens dagegen klagen, so können diese durch eine einstweilige Anordnung eine aufschiebende Wirkung beantragen. In diesem Fall muß das Verwaltungsgericht eine Einzelfallabwägung durchführen.

Zu Art 18a Abs. 9 GO (Zulässigkeitsentscheidung):

- Entsprechend der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes wird geregelt, daß der Gemeinderat ein formelles sowie ein materielles Prüfungsrecht besitzt.

- Gleichzeitig wird die Pflicht zur positiven Auslegung von Bürgerbegehren geregelt. In der Praxis sind häufiger mehrere rechtliche Auslegungen eines Bürgerbegehrens möglich. Ein Bürgerbegehren äst nur dann unzulässig, wenn es bei jeder möglichen Auslegung rechtswidrig ist. Solange also eine rechtlich zulässige Auslegung des Bürgerbegehren möglich ist, muß das Bürgerbegehren für zulässig erklärt werden. Bei einer späteren Umsetzung des Bürgerbegehrens muß natürlich nur die zulässige Auslegung beachtet werden.

- Eine Klage gegen die Unzulässigkeitserklärung eines Bürgerbegehrens kann ohne Vorverfahren erhoben werden. Dies entspricht der gängigen Praxis und wird zur Klarstellung geregelt.

 

Zu Art 18a Abs. 10 GO (Durchführung des Bürgerentscheides):

- Zur Kosten- und Aufwandsersparnis sollen Bürgerentscheide möglichst mit anderen Bürgerentscheiden, Wahlen und Abstimmungen zusammengelegt werden. Deshalb wurde die Maximalfrist für die Durchführung des Bürgerentscheides nach der Zulässigkeitserklärung von bisher drei Monaten auf sechs Monate verlängert.

- Zur gesetzlichen Absicherung der gängigen Praxis wurde geregelt, daß die Gemeinden per Satzung nähere Regelungen von Bürgerbegehren und Bürgerentscheiden erlassen können.

Zu Art. 18a Abs. 11 GO (Bürgerentscheide in einem Stadtbezirk):

Entspricht der bisherigen Regelung.

Zu Art 18a Abs. 12 GO (Mehrheit beim Bürgerentscheid. Doppeltes Ja mit Stichfrage):

- Bisher gab es keine gesetzliche Regelung des Doppelten Ja's mit Stichfrage, jedoch wurde dieses Prinzip in der Praxis häufig angewendet und in kommunalen Satzungen geregelt. Eine gesetzlich verbindliche Regelung in der Gemeindeordnung ist nötig geworden, um sicherzustellen, daß bei Bürgerentscheiden immer ein eindeutiges Ergebnis herauskommt. Es gab mehrere Fälle, wo Gemeinderäte bewußt keine Stichfrage auf dem Stimmzettel stellten, in der Hoffnung, daß die zwei gegenläufigen Vorlagen jeweils die Mehrheit der Stimmen erhalten, sich damit gegenseitig aufheben und letztlich der Gemeinderat anstelle der Bürgerinnen und Bürger entscheiden kann (siehe z.B. Kempten, Mering und Wertingen).

- Das Abstimmungsverfahren darf aber nicht Opfer strategischer Überlegungen werden. In jedem Fall muß ein eindeutiges Ergebnis herauskommen. Jede Vorlage kann für sich angenommen oder abgelehnt werden. Für den Fall der gleichzeitigen Annahme mehrerer Vorlagen, können die Abstimmungsberechtigten in einer Stichfrage entscheiden, welche dann gelten soll.

Beispiel für einen Stimmzettel zum Bürgerentscheid bei zwei Vorlagen:

Hauptfragen:

(Sie haben für jede Vorlage eine Stimme) Bürgerbegehren 1 (Fußgängerzone): Soll in der Straße xy eine Fußgängerzone eingerichtet werden?

ja / Nein

Bürgerbegehren 2 (Verkehrsberuhigung): Soll die Straße xy verkehrsberuhigt werden?

ja / Nein

Stichfrage:

Falls sowohl der Bürgerbegehren 1 (Fußgängerzone) als auch der Bürgerbegehren 2 (Verkehrsberuhigung) von der Mehrheit der Abstimmenden angenommen wird: Soll das Bürgerbegehren 1 (Fußgängerzone) oder das Bürgerbegehren 2 (Verkehrsberuhigung) gelten? (Sie haben eine Stimme)

Bürgerbegehren 1 (Fußgängerzone)

Bürgerbegehren 2 (Verkehrsberuhigung)

Beispiel für einen Stimmzettel zum Bürgerentscheid bei drei oder mehr Vorlagen:

 

Hauptfragen: (Sie haben für jede Vorlage eine Stimme.)

Bürgerbegehren 1 Ja Nein

Bürgerbegehren 2 Ja Nein

Ratsreferendum Ja Nein

Stichfrage:

Für den Fall, daß zwei oder gar alle drei Vorlagen mehrheitlich gegenüber der bisherigen Ordnung angenommen werden sollten: Geben Sie ihre Rangfolge an, das heißt welche Variante für Sie die beste, zweitbeste und schiechteste ist: Die beste Variante ist:

Die zweitbeste Variante ist:

Die schlechteste Variante ist:

Entscheidungsregeln:

- Alle Fragen können unabhängig voneinander beantwortet werden.

- Werden alle Vorlagen in den Hauptfragen verworfen, so bleibt die bisherige Ordnung in Kraft.

- Soweit nur eine Vorlage in den Hauptfragen den Status quo besiegt, tritt diese in Kraft.

- Trifft dies für mehrere Vorlagen zu, so entscheiden die von den Stimmbürgern geltend gemachten Präferenzen in der Stichfrage.

- Die Präferenzordnungen der Stichfragen werden so ausgewertet, daß die Stimmabgabe in die Ja/Nein-Sprache umgesetzt wird. Bewertet z.B. ein Stimmbürger das Volksbegehren 2 höher als das Volksbegehren 1, so erhält das Volksbegehren 2 in der direkten Gegenüberstellung mit dem Volksbegehren 1 eine Stimme.

Zu Art. 18a Abs. n GO (Anspruch auf Umsetzung des Bürgerentscheides)

- Durch das Klagerecht der Vertreterinnen und Vertreter des Bürgerbegehrens auf Umsetzung des Bürgerentscheides wird eine Rechtslücke geschlossen. Wenn die Bürgermeisterin oder der Bürgermeister einen Gemeinderatsbeschluß nicht umsetzt, so hat der Gemeinderat die Möglichkeit, Klage beim Verwaltungsgericht zu erheben. Wenn aber ein Bürgerentscheid nicht umgesetzt wird, so ist bislang in Bayern umstritten, ob die Bürgerinnen und Bürger einen Anspruch auf Umsetzung eines Bürgerentscheids haben. Die Rechtsprechung in Baden-Württemberg (VGH Mannheim, Urteil vom 14.11.1974, Az: I 453/74) hat diesen Anspruch bestätigt.

- Deshalb sollen die Vertreterinnen und Vertreter des Bürgerbegehrens eine Klagemöglichkeit erhalten. Dieser Anspruch auf Umsetzung des Bürgerentscheids gilt nicht mehr, wenn der Bürgerentscheid durch einen ordentlichen Beschluß in einem weiteren Bürgerentscheid oder vom Gemeinderat nach Ablauf der Bindungswirkung aufgehoben wird.

 

Zu Art. 18a Abs. 14 GO (Bindungswirkung. Übernahme des Bürgerbegehrens):

Auch für den Fall, daß der Gemeinderat ein Bürgerbegehren übernimmt und damit der Bürgerentscheid entfällt, soll die Bindungswirkung nach Abs. 11 wirken. Bislang war unklar, ob es möglich ist, daß ein Gemeinderat nur zur Vermeidung der Bindungswirkung ein Bürgerbegehren übernehmen und kurze Zeit darauf seinen Beschluß wieder rückgängig und die vom Bürgerbegehren kritisierte Maßnahme umsetzen kann.

Zu Art. 18a Abs. %k GO (Faimeßgebot):

Im Falle eines Bürgerbegehrens und eines Ratsreferendums war nach der bisherigen Regelung eine Bevorzugung der Position des Gemeinderates möglich. Ein Beispiel: Für das Bürgerbegehren konnte die Initiative des Begehrens eine Seite veröffentlichen, der Gemeinderat ebenfalls eine Seite. Für das Ratsreferendum konnte die Initiative nicht veröffentlichen, der Gemeinderat jedoch eine Seite. Dieser erhielt damit doppelt so viel von öffentlichen Geldern finanzierten Darstellungsraum. Diese Ungleichheit wird nun behoben. Unabhängig davon, ob ein oder mehrere Bürgerentscheide zum gleichen Thema, die Auffassungen der Initiatoren und des Gemeinderates dürfen in Veröffentlichungen der Gemeinde nur in gleichem Umfang dargestellt werden.

Zu Art 18a Abs. 16 GO (Bekanntmachung des Ergebnisses):

Entspricht der bisherigen Regelung.

Zu Art. 18a Abs. 17 GO (Bürgerentscheide in Verwaltungsgemeinschaften):

Dieser neue Abs. 17 ist notwendig, da die Mitgliedsgemeinden von Verwaltungsgemeinschaften ihre Entscheidungskompetenz für Aufgaben des übertragenen Wirkungskreises an die Verwaltungsgemeinschaft abgegeben haben, Bürgerentscheide zu diesen Fragen aber ermöglicht werden. Ohne die Einführung von Bürgerentscheiden in Verwaltungsgemeinschaften könnten die Bürgerinnen und Bürger von Mitgliedsgemeinden einer Verwaltungsgemeinschaft nicht über Fragen der Verkehrsberuhigung entscheiden, während allen anderen Bürgerinnen und Bürgern dies möglich wäre. Durch diesen Absatz wird also Rechtsgleichheit hergestellt, in der Praxis wird diese Regelung aber kaum Bedeutung haben.

 

§3

Änderung der Bayerischen Landkreisordnung

(Die Begründung zur Änderung der Bayerischen Gemeindeordnung gilt entsprechend. Es wurden dieselben Gesetzesänderungen vorgenommen.)

Zu Art. 2sa Abs. $ Satz 3 und 4 LKrO (Unterschriftenlisten nach Gemeinden getrennt):

Damit die Gültigkeit von Unterschriften leichter überprüft werden kann, wird an die Vertreterinnen und Vertreter eines Bürgerbegehrens die Anforderung gestellt, daß sie die Unterschriften nach Gemeinden getrennt sammeln.

Zu Art. 25a Abs. 16 LKrO (Mitwirkung der Gemeinden):

Mit diesem neuen Artikel wird die bislang strittige Frage, ob die Gemeinden bei der Überprüfung von Kreisbürgerbegehren und der Durchführung von Kreisbürgerentscheiden mitwirken müssen, verbindlich entschieden, so daß nicht mehr auf die bisher angebotenen Hilfskonstruktionen (Amtshilfevereinbarungen) zurückgegriffen werden muß.

 

Zu Art. 2sa Abs. 17 LKrO (Gemeindeinitiierter Bürgerentscheid):

Der bisherige Abs. 7 wird Abs. 17.

 

§4

Änderung des Gemeinde und Landkreiswahlgesetzes (GLKrWG)

Zu Art. 9a GLKrWG:

- Zur Kostenersparnis wird das Verbot, Bürgerentscheide gleichzeitig mit anderen Wahlen und Abstimmungen durchzuführen, gestrichen. Nach der bisherigen Regelung ist es zwar möglich, daß das Innenministerium das Verbot aufhebt, dies geschieht jedoch in der Regel nicht. Der Münchner Stadtrat wollte mit einem fast einstimmigen Beschluß z.B. 1996 den Tunnel-Bürgerentscheid mit der Kommunalwahl zusammenlegen. Das Innenministerium sprach keine Verbotsaufhebung aus, übernahm aber auch die zusätzlichen Kosten der Stadt München für die Organisation eines zweiten Urnenganges nicht

- In der Schweiz ist es üblich, daß mehrere Abstimmungen auf einen Urnengang gelegt werden. Dies hat sich dort bewährt.

Das bisherige Verbot der Zusammenlegung von Bürgerentscheiden mit anderen Abstimmungen wird mit dem Argument der Verhinderung einer einseitigen Wahlbeeinflußung begründet. Dieses Argument überzeugt jedoch nicht. Erstens können die Bürgerinnen und Bürger die Abstimmung über eine Sachfrage von einer Wahl unterscheiden. Zweitens, wenn im Vorfeld einer Wahl ein Bürgerbegehren stattfindet, so wird dadurch immer die öffentliche Diskussion beeinflußt, unabhängig davon, ob die Abstimmung nun zusammen oder zeitlich getrennt stattfindet. Im Fall München wurde z.B. vor der Stadtratswahl in größerem Ausmaß über den Sinn und Unsinn von Tunnelbauten diskutiert als vor dem eigentlichen Bürgerentscheid zwei Monate später.