Antrag auf Volksbegehren "Mehr Demokratie in Bayern: Faire Volksrechte im Land!"

 

An das Staatsministerium des Innern: Die unterzeichnenden Stimmberechtigten beantragen, ein Volksbegehren für folgenden Gesetzentwurf zuzulassen.

 

Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Mitwirkungsrechte der Bürgerinnen und Bürger im Freistaat Bayern.

§ 1

Die Verfassung des Freistaates Bayern (BayRS 100-1-S). zuletzt geändert durch die Gesetze vom 20. Febr. 1908 (GVBl. S. 38, 39. 42) wird wie folgt geändert:

 

1. Art. 7 Abs. 2 erhält durch die Einfügung des Wortes "Volksinitiativen" folgende Fassung:

"(2) 1Die Staatsbürgerin und der Staatsbürger üben ihre Rechte aus durch Teilnahme an Wahlen und durch Beteiligung bei Bürgerbegehren und Bürgerentscheiden sowie Volksinitiativen, Volksbegehren und Volksentscheiden (Volksrechte). 2Bayern setzt sich auf allen politischen Ebenen für diese Volksrechte seiner Staatsbürgerinnen und Staatsbürger ein."

2. Artikel 71 erhält folgende Fassung:

"Die Gesetzesvorlagen werden vom Ministerpräsidenten namens der Staatsregierung, aus der Mitte des Landtags oder vom Volk eingebracht."

3. Artikel 72 Abs. 2 erhält folgende Fassung:

"(2) Staatsverträge werden vom Ministerpräsidenten nach vorheriger Zustimmung des Landtags abgeschlossen; ein Volksentscheid über einen Staatsvertrag findet statt, wenn dies durch Volksbegehren (Art. 74) oder von einem Drittel der Mitglieder des Landtages beantragt wird."

4. Art. 73 erhält folgende Fassung:

"Volksinitiative

(1) 25.000 stimmberechtigte Staatsbürgerinnen und Staatsbürger haben das Recht, den Landtag im Rahmen seiner Zuständigkeit mit bestimmten Gegenständen der politischen Willensbildung zu befassen (Volksinitiative). Der Volksinitiative kann auch ein ausgearbeiteter und mit Gründen versehener Entwurf auf Erlaß, Änderung oder Aufhebung eines Gesetzes zugrundeliegen.

(2) Die Vertrauensleute der Volksinitiative und von ihnen benannte Personen haben das Recht, im Landtag und seinen Ausschüssen während der Beratung gehört zu werden."

5. Art. 74 erhält folgende Fassung:

"Volksbegehren, Volksentscheid

(1) Stimmt der Landtag der Volksinitiative nicht innerhalb von vier Monaten in unveränderter Form zu, können die Vertrauensleute der Volksinitiative die Durchführung eines Volksbegehrens verlangen.

(2) 1Das Volksbegehren ist zustande gekommen, wenn es innerhalb eines Kalendermonats von fünf Prozent der Stimmberechtigten unterstützt wird. 2Die Eintragungslisten werden in den Gemeinden ausgelegt. 3Daneben ist die freie Sammlung zulässig.

(3) Rechtsgültige Volksbegehren werden dem Volk innerhalb von acht Monaten zur Entscheidung vorgelegt, es sei denn, der Landtag entspricht dem Volksbegehren in unveränderter Form.

(4) Die Mehrheit der abgegebenen gültigen Stimmen entscheidet, unabhängig von der Höhe der Beteiligung.

(5) Der Landtag kann dem Volk eine eigene Vorlage zur Entscheidung mit vorlegen.

(6) Volksinitiativen, Volksbegehren und Volksentscheide, die sich auf den Staatshaushalt auswirken, sind zulässig. Über das Haushaltsgesetz (Art. 78 Abs. 3) im ganzen findet jedoch kein Volksentscheid statt."

 

§2

Das Landeswahlgesetz (LWG) in der Fassung vom 9. März 1994 (GVBl. S. 135) wird wie folgt geändert:

1. Art. 63 Abs. 1 erhält folgende Fassung:

"(1) Das Volk tut seinen Willen unmittelbar kund und übt insbesondere das unmittelbare Recht der Gesetzgebung aus durch Volksinitiativen, Volksbegehren und Volksentscheide."

2. Art. 63 Abs. 2 Satz 1 erhält folgende Fassung:

"Volksinitiativen, Volksbegehren und Volksentscheide, die sich auf den Staatshaushalt auswirken, sind zulässig; über das Haushaltsgesetz (Art. 78 Abs. 3 der Bayerischen Verfassung) im ganzen findet jedoch kein Volksentscheid statt."

3. Art. 64 erhält folgende neue Fassung:

"(1) 125.000 stimmberechtigte Staatsbürgerinnen und Staatsbürger haben das Recht, den Landtag im Rahmen seiner Zuständigkeit mit bestimmten Gegenständen der politischen Willensbildung zu befassen. 2Der Volksinitiative kann auch ein ausgearbeiteter und mit Gründen versehener Entwurf auf Erlaß, Änderung oder Aufhebung eines Gesetzes zugrundeliegen. 3Die Volksinitiative ist schriftlich an das Präsidium des Landtags zu richten. 4Das Stimmrecht der Unterzeichnerinnen und Unterzeichner ist bei der Einreichung der Volksinitiative nachzuweisen.

(2) 1Die Volksinitiative wird durch drei Vertrauensleute vertreten. Erklärungen der Vertrauensleute müssen einstimmig erfolgen. 2Die Vertrauensleute müssen auf der Unterschriftenliste der Volksinitiative aufgeführt sein. 3Für den Fall der Verhinderung können Stellvertreterinnen oder Stellvertreter aufgeführt werden.

(3) Auf der Unterschriftenliste muß vermerkt sein, daß die Vertrauensleute der Volksinitiative die Vorlage nach der Behandlung der Volksinitiative im Landtag und vor der Einreichung des Antrags auf Durchführung des Volksbegehrens ändern können.

(4) Die Vertrauensleute der Volksinitiative und von ihnen benannte Personen haben das Recht, im Landtag und seinen Ausschüssen während der Beratung gehört zu werden.

(5) Stimmt der Landtag der Volksinitiative nicht binnen vier Monaten nach Einreichung in unveränderter Form zu, können die Vertrauensleute der Volksinitiative die Durchführung eines Volksbegehrens beim Staatsministerium des Innern beantragen.

(6) Die Vertrauensleute der Volksinitiative können die Vorlage bis zur Einreichung des Antrags auf Durchführung des Volksbegehrens ändern."

 

4. In der Überschrift des Art 65 und des Art 67 sowie im Text des Art 66, 67 und 68 wird jeweils das Wort "Zulassungsantrag" durch "Durchführungsantrag" ersetzt

 

5. Art 65 Abs. 1 Satz 1 erhält folgende Fassung:

"(1) Erachtet das Staatsministerium des Innern oder der Landtag die gesetzlichen Voraussetzungen für die Durchführung des Volksbegehrens nicht für gegeben, so haben diese jeweils die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs herbeizuführen (Art. 67 der Verfassung)."

6. In Art 65 Abs. 2 Satz 2 werden die Worte "durch das Staatsministerium des Innern" gestrichen.

 

7. In Art 65 werden folgende neue Abs. 3, 4 und 5 eingefügt:

"(3) 1Bezieht sich das beabsichtigte Volksbegehren auf mehrere Gegenstände, die in keinem hinreichenden Zusammenhang stehen, so wird für die einzelnen Gegenstände getrennte Eintragung beim Volksbegehren vorgesehen. 2Die Trennung der Gegenstände erfolgt durch Einvernehmen zwischen den Vertrauensleuten des Volksbegehrens und dem Staatsministerium des Innern oder durch Beschluß des Verfassungsgerichtshofs.

(4) Die Vertrauensleute haben das Recht, bei Streitigkeiten über die Durchführung der Volksinitiative, des Volksbegehrens oder des Volksentscheides - unbeschadet der Möglichkeit verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes - den Bayerischen Verfassungsgerichtshof anzurufen.

(5) In Verfahren über Popularklagen wegen Verfassungswidrigkeit von Rechtsvorschriften, die Gegenstand eines Volksbegehrens waren, sind die Vertrauensleute des Volksbegehrens zu beteiligen."

 

8. Art. 66 Abs. 3 Satz 1 und 2 erhalten folgende Fassung:

"(3) 1Die Eintragungsfrist beträgt einen Kalendermonat. 2Sie beginnt frühestens acht, spätestens 16 Wochen nach der Veröffentlichung im Staatsanzeiger."

 

9. In Art. 68 Abs. 2 wird ein neuer Satz 3 eingefügt:

"3Die Eintragungslisten sind mindestens während der Dienststunden und für mindestens zwei Stunden an einem Sonntag, der vom Staatsministerium des Innern einheitlich für alle Gemeinden bestimmt wird und am Ende der Eintragungsfrist liegen soll, auszulegen."

 

10. In Art. 68 wird ein neuer Abs. 3 eingefügt:

"(3) 1Während der Eintragungsfrist sind die Initiatoren eines Volksbegehrens berechtigt, selbst Unterschriften außerhalb der Amtsräume zu sammeln. 2Dabei ist zu beachten, daß sich auf einer Liste nur Unterzeichnerinnen und Unterzeichner derselben Gemeinde eintragen. 3Die Eintragungslisten sind den Gemeinden zur Bestätigung der ordnungsgemäßen Eintragung und Stimmberechtigung der Unterzeichnenden bis zum Ende der Eintragungsfrist zuzustellen. 4Bei brieflicher Zustellung muß der Poststempel auf spätestens den letzten Tag der Eintragungsfrist ausgestellt sein."

 

11. Art. 69 Abs. 3 erhält folgende Fassung:

"(3) 1Wer versichert, daß er wegen Krankheit oder körperlicher Behinderung während der gesamten Eintragungszeit nicht oder nur unter unzumutbaren Schwierigkeiten in der Lage ist, eine Eintragungsstelle aufzusuchen, erhält auf Antrag eine Eintragungsliste. 2Art. 68 Abs. 3 Satz 3 und 4 gilt entsprechend."

 

12. Art. 70 Abs. 1 Ziffer 6 und Ziffer 7 (Ungültige Eintragungen) wird gestrichen.

 

13. Art. 71 Abs. 2 Satz 1 erhält folgende Fassung:

"(2) 1Das Volksbegehren ist zustande gekommen, wenn es von fünf Prozent der Stimmberechtigten

unterstützt wird. 2Zur Bestimmung der notwendigen Anzahl der Stimmberechtigten wird auf

das Wählerverzeichnis der letzten Wahl des Landtages oder Volksentscheides abgestellt."

 

14. Art. 72 Abs. 1 Satz 2 (Gutachten des Senats) wird gestrichen,

 

15. In Art. 73 Abs. 1 Satz 1 wird das Wort "drei" durch "vier" und in Abs. 3 werden die Worte "den begehrten Gesetzentwurf" durch die Worte "die begehrte Vorlage" ersetzt.

 

16. Art. 73 Abs. 4 erhält folgende Fassung;

"(4) Lehnt der Landtag die im Volksbegehren unterbreitete Vorlage ab, so kann er dem Volk eine eigene Vorlage zur Entscheidung mit vorlegen."

17. Art. 73 Abs. 5 (Rechtsprüfung durch den Landtag) wird gestrichen.

 

18. Art. 75 erhält folgende Fassung:

"(1) Die Staatsregierung setzt den Tag der Abstimmung fest. 2Volksentscheide sollen, soweit es die Fristeinhaltung zuläßt, mit anderen Volksentscheiden und Wahlen zusammengelegt werden.

(2) 1jeder Haushalt, in dem mindestens eine stimmberechtigte Person wohnt, erhält ein Informationsheft. 2Ein stimmberechtigtes Haushaltsmitglied kann auch die Zusendung an ihn persönlich verlangen. 3Das Informationsheft enthält in folgender Reihenfolge:

1. den Tag der Abstimmung.

2. eine zusammenfassende Beschreibung des wesentlichen Inhalts für jede Abstimmungsvorlage in gleichem Umfang.

3. in gleichem Umfang die Auffassungen der Vertrauensleute, des Landtages (aufgeteilt in die Fraktionen und Mitglieder des Landtags, welche die Staatsregierung stützen und nicht stützen) und der Staatsregierung, wobei jede Seite kurz auf die Auffassungen der anderen Seiten erwidern kann.

4. die Abstimmungsvorlagen im Wortlaut.

5. ein Muster des Stimmzettels und eine Erläuterung des Abstimmungsmodus.

 

(3) 1Das Staatsministerium des Innern legt vorab für die Texte nach Abs. 2 Punkt 2 und 3 eine maximale Länge und einen Abgabetermin fest. 2Wenn die eingereichten Texte falsche Tatsachenbehauptungen oder diskriminierende Äußerungen enthalten, so kann das Staatsministerium des Innern eine Änderung verlangen. 3Kommt es zu keiner Einigung zwischen den Autoren und dem Staatsministerium des Innern, entscheidet letzteres.

(4) Finanziert die Staatsregierung oder der Landtag zusätzliche Informationsmaßnahmen zu ihren Auffassungen zu den Abstimmungsvorlagen, so erhalten die Vertrauensleute des Volksbegehrens Finanzmittel für Informationsmaßnahmen in gleicher Höhe."

 

19. In Art. 76 Abs. 1 Satz 2 erhält folgende Fassung:

"2Der Stimmzettel hat den Text des zur Abstimmung vorgelegten Gesetzentwurfes oder sonstigen Antrags zu enthalten."

 

20. Art. 76 Abs. 2 Satz 3 erhält folgende Fassung:

"3Hat der Landtag dem Volk eine eigene Vorlage mit zur Abstimmung vorgelegt, so wird diese nach der mit Volksbegehren gestellten Vorlage aufgeführt."

 

21. Art. 76 Abs. 3 erhält folgende Fassung:

"(3) 1Die abstimmende Person hat ihre Entscheidung, ob sie der Vorlage zustimmt oder diese ablehnt, auf dem Stimmzettel durch ein Kreuz oder auf andere Weise eindeutig kenntlich zu machen. 2lm Fall des Absatz 2 haben die Abstimmungsberechtigten entsprechend mehrere Stimmen und können einzeln entscheiden. 3Darüber hinaus können die Abstimmungsberechtigten kennzeichnen, welche Alternative sie bevorzugen, wenn mehrere Vorlagen eine Mehrheit bekommen."

 

22. Art. 80 erhält folgende Fassung:

"1Eine Vorlage ist durch Volksentscheid angenommen, wenn die Mehrheit der abgegebenen gültigen Stimmen auf Zustimmung lautet. 2Erhalten mehrere Vorlagen, die den gleichen Gegenstand betreffen, inhaltlich aber miteinander nicht vereinbar sind, eine Mehrheit, so tritt die Vorlage in Kraft, die in der Stichfrage die meisten Stimmen erhält."

 

§3

 

Dieses Gesetz tritt am ... in Kraft. Anträge auf Volksbegehren, die nach Inkrafttreten dieses Gesetzes eingereicht werden, werden als Volksinitiative im Sinne dieses Gesetzes behandelt, auch wenn die Unterschriftensammlung vor Inkrafttreten des Gesetzes begann.

 

 

Begründung:

 

Die wichtigsten Punkte des Gesetzentwurfes:

Das Gesetz des Volksbegehrens "Mehr Demokratie in Bayern: Faire Volksrechte im Land" kommt dem wachsenden Bedürfnis der Bürgerinnen und Bürger auf direkte Beteiligung an politischen Entscheidungen nach. Immer mehr Menschen wollen wichtige Sachfragen öffentlich diskutieren und dann gemeinsam selbst entscheiden. Die wichtigsten Punkte des Gesetzentwurfes:

· Um die Zusammenarbeit zwischen Volk und Landtag zu verbessern, können 25.000 Bürgerinnen und Bürger den Landtag mit einer bestimmten Frage befassen (Volksinitiative). Die Initiative hat ein Anhörungsrecht im Landtag.

· Damit die Bürgerinnen und Bürger auch auf Landesebene über die Verwendung ihrer Steuergelder entscheiden können, wird der bisherige Ausschluß von Volksbegehren mit finanziellen Auswirkungen gestrichen. Volksentscheide über das Haushaltsgesetz im ganzen bleiben weiterhin ausgeschlossen.

· Der Themenbereich von Volksbegehren wird auf Einzelentscheidungen (z.B. Rhein-Main-Donau-Kanal, ICE-Trasse, Atomreaktor Garching etc.), Aufträge an die Staatregierung (z.B. Initiativen im Bundesrat) und die Ratifizierung von Staatsverträgen erweitert. Damit wird nach dem Vorbild Schleswig-Holstein und Brandenburg die Bevölkerung hinsichtlich der Entscheidungskompetenzen dem Landtag weitgehend gleichgestellt.

· Damit die Hürden für landesweite Volksbegehren überwindbarer werden, wird die notwendige Unterschriftenzahl für Volksbegehren von 10 Prozent der Stimmberechtigten auf 5 Prozent gesenkt. Außerdem wird die Eintragungsfrist auf einen Monat verlängert und den Bürgerinnen und Bürgern die Möglichkeit eröffnet, sich auch außerhalb der Amtsräume einzutragen.

· Volksentscheide sollen zusammen mit Wahlen und. anderen Volksentscheiden zusammengelegt werden, um Kosten zu sparen.

· Bei sich widersprechenden Vorlagen wird die Stichfrage eingeführt, um eine möglichst genaue Abbildung des Bürgerwillens in Volksentscheiden sicherzustellen.

· Das Mehrheitsprinzip bei Volksentscheiden wird in der Verfassung zusätzlich zu der schon vorhandenen Grundnorm in Artikel 2 der Bayerischen Verfassung abgesichert (Verbot von Abstimmungsklauseln).

· Die Information der Stimmbürgerinnen und Stimmbürger vor einem Volksentscheid wird verbessert, indem jeder Haushalt ein Informationsheft mit den Argumenten der Initiatoren eines Volksbegehrens und des Landtags in gleichem Umfang erhält.

· Das Fairnessgebot verhindert eine einseitige Verwendung von öffentlichen Geldern in der Werbung vor Volksentscheiden.

· Da bei der Ratifizierung von Staatsverträgen Volksbegehren aus Fristgründen meistens nicht organisierbar sein werden, können in diesem speziellen Fall ein Drittel der Landtagsabgeordneten eine Volksabstimmung herbeiführen.

· Eine Staatszielbestimmung "politische Beteiligung" verpflichtet den Freistaat Bayern, sich auf allen politischen Ebenen für das Recht der bayerischen Bürgerinnen und Bürger auf Volksabstimmungen einzusetzen.

 

Die Begründung im Einzelnen:

 

§ 1

 

Änderung der Bayerischen Verfassung

 

Zu Art 7 Abs.2 Satz 1 BV:

Das Wort "Volksinitiative" wird eingefügt. Die Volksinitiative dient dazu, die Zusammenarbeit zwischen Volk und Landtag zu verbessern, (siehe Anmerkung zu Art. 73 BV)

 

Zu Art. 7 Abs.2 Satz 2 BV:

Das Staatsziel "politische Beteiligung" wird neu geregelt. Der Freistaat Bayern wird verpflichtet, sich im Rahmen seiner Möglichkeiten auf allen politischen Ebenen für die unmittelbare Beteiligung des Staatsvolks am Prozeß der politischen Willensbildung einzusetzen. Damit wird der Wert der direkten Demokratie für den Zusammenhalt unserer Gesellschaft gewürdigt. Dieses Staatsziel ist die notwendige Konsequenz der besonderen Bedeutung der Mitwirkungsrechte der Bürgerinnen und Bürger in Bayern. Auch wenn Bayern Entscheidungskompetenzen an die Bundesrepublik und die Europäische Union abgegeben hat, so soll dies nicht auf Kosten der Bürgermitwirkung geschehen.

Zu Artikel 71:

Durch die Streichung des einschränkenden Klammerzusatzes "(Volksbegehren)" wird klargestellt, daß das Volk Gesetzesvorlagen in Form von Volksinitiativen und Volksbegehren einbringen kann. Damit wird dem Urteil des Bayerischen Verfassungsgerichtshofes vom November 1994 zum Volksbegehren "Faire Volksentscheide" entsprochen.

Zu Art. 72 Abs. 2 BV:

Durch diese Vorschrift wird der Themenbereich von Volksentscheiden auf die Ratifizierung von Staatsverträgen erweitert. Da bei der Ratifizierung von Staatsverträgen Volksbegehren aus Fristgründen meistens nicht organisierbar sein werden, können in diesem speziellen Fall ein Drittel der Landtagsabgeordneten eine Volksabstimmung herbeiführen.

Zu Art. 73 Abs. 1 BV:

· In Art 73 wird die Volksinitiative eingeführt. Der bisher in Art. 73 geregelte Ausschluß von Volksentscheiden über den Staatshaushalt wird in eingeschränkter Form in Art. 74 Abs. 6 des Gesetzentwurfes geregelt.

· Nach dem alten Verfahren der Volksgesetzgebung, müssen 25.000 Unterschriften gesammelt werden, um die Zulassung eines Volksbegehrens beim Innenministerium beantragen zu können. Wenn sich 25.000 Bürgerinnen und Bürger hinter eine politische Forderung stellen, sollte sich auch der Landtag damit befassen.

· Das Anliegen der Volksinitiative kann ein Gesetzentwurf oder ein anderer Gegenstand der politischen Willensbildung sein; es muß jedoch in die Entscheidungskompetenz des Landtages fallen.

· Durch die Volksinitiative wird ein in beiderseitigem Interesse liegendes frühzeitiges Gespräch zwischen den Initiatoren der Volksinitiative und dem Landtag hergestellt.

· Bei bestehendem Einvernehmen kann so auf die Durchführung eines Volksbegehrens verzichtet werden.

· Ein weiterer Vorteil der Volksinitiative besteht darin, daß nunmehr Massenpetitionen eine ihnen angemessene Behandlung erfahren und von Einzelpetitionen unterschieden werden.

Zu Art. 73 Abs. 2 BV:

Das Anhörungsrecht für die von den Vertrauensleuten der Volksinitiative benannten Personen gibt es in allen Landesverfassungen, die eine Volksinitiative kennen. Die Anhörung soll dabei nicht nur in den Ausschüssen, sondern auch im Plenum des Landtages erfolgen, um die Bedeutung der Volksinitiative herauszuheben.

Zu Art. 74 Abs. 1 Satz 1 BV:

· Die Vertrauensleute der Volksinitiative können die Durchführung eines Volksbegehrens beantragen, wenn der Landtag der Volksinitiative nicht binnen vier Monaten nach Einreichung der Unterschriften in unveränderter Form zustimmt. Der Gesetzentwurf sieht also keine Verfahrens-Automatik vor, sondern verlangt das aktive Interesse der Initiator/innen an einem Volksbegehren.

· Volksbegehren und Volksentscheide sind zu Landesgesetzen und auch zu sonstige Gegenständen der politischen Willensbildung möglich. Mögliche Fälle für "sonstige Gegenstände" sind:

 

- Einzelbeschlüsse (z.B. zum Rhein-Main-Donau-Kanal, Atomreaktor Garching, ICE-Trasse)

- Partnerschaften mit anderen Ländern,

- Politische Richtungsentscheidungen,

- Staatsverträge

- Aufträge an die Landesregierung (z.B. für eine Bundesratsinitiative, für die Aushandlung eines Staatsvertrages, für die Ausarbeitung eines Gesetzentwurfes, etc).

- Beschlüsse, daß der Landtag etwas tun solle, sind jedoch aufgrund des Prinzips des freien Mandates nicht möglich.

 

· Durch diese Themenausweitung bei Volksbegehren und Volksentscheiden wird das Volk der Volksvertretung (Landtag) hinsichtlich der Entscheidungskompetenzen nahezu gleichgestellt.

· Die Verfassung von Schleswig-Holstein und Brandenburg ermöglichen auch Volksabstimmungen zu "sonstigen Gegenständen der politischen Willensbildung".

· Durch diese Themenausweitung sind Personalentscheidungen, die der Landtag gemäß dieser Verfassung trifft, nicht einbezogen, da spezielles Recht über allgemeinem Recht steht.

Zu Art. 7a. Abs. 2 Satz 1 BV:

· Die für ein Volksbegehren notwendige Unterschriftenzahl wird von bislang 10% der Stimmberechtigten auf 5% gesenkt. Dies aus folgenden Gründen:

· Das zur Zeit geltende Unterschriftenquorum des Volksbegehrens von 10% liegt zu hoch. 10% sind nur mit extremen Aufwand, vergleichbar mit dem Aufwand für den Wahlkampf zu einer Landtagswahl, zu erreichen. Dies ist nur selten möglich.

· Durch das 10%-Quorum verliert das Volksbegehren seine Initiativfunktion. Es kann nur als Notbremse bei besonders medienwirksamen und umstrittenen Themen dienen.

· Bei einem 5%-Quorum werden landesweite Volksbegehren eher möglich.

· Auf kommunaler Ebene liegt das Zulassungsquorum für Bürgerbegehren in München bei 3% der

· Stimmberechtigten, in Nürnberg bei 5%. Diese Quoren haben sich bewährt. Es ist kein Grund ersichtlich, warum die Anforderungen für bayernweite Volksbegehren wesentlich höher sein sollten.

· Bayern nähert sich damit anderen Bundesländern an. In Schleswig-Holstein gilt ein Quorum von 5% der Stimmberechtigten bei einer Eintragungsfrist von 6 Monaten, in Brandenburg von 4% bei einer Eintragungsfrist von vier Monaten.

· Die Schweiz hat bei initiierenden Volksbegehren ein Quorum von 2,2% in 18 Monaten, bei Referenden von 1,1% in drei Monaten. Die Schweizer Bürgerinnen und Bürger sind mit ihren Volksrechten sehr zufrieden.

· Die Frist für das Zustandekommen des Volksbegehrens wird von heute 14 Tagen auf einen Kalendermonat verlängert. Die Frist beginnt immer am 1. eines Monats und endet am letzten Tag eines Monats. Damit soll eine bessere Vermittelbarkeit der Frist in der Öffentlichkeit erreicht werden.

Zu Art. 74. Abs. 2. Satz 2 BV:

Das Auslegen der Eintragungslisten in den Gemeinden entspricht der bisherigen Praxis. Da zusätzlich zur Amtseintragung die freie Sammlung vorgesehen, die Eintragungsfrist verlängert und das Quorum des Volksbegehrens verringert ist, können die Gemeinden die Eintragungszeiten und Eintragungsorte im Vergleich zum bisherigen Stand verringern. Damit werden die Gemeinden entlastet. Eine Eintragungsmöglichkeit am letzten Wochenende der Eintragungsfrist sollte jedoch beibehalten werden.

Zu Art. 74. Abs. 2. Satz 3 BV:

· Neben der Möglichkeit, sich in der Gemeinde einzutragen, wird die freie Sammlung der Unterschriften außerhalb der Amtsräume ermöglicht.

· Damit wird den Bürgerinnen und Bürgern die Eintragung in ein Volksbegehren erleichtert. Nun kann man sich eintragen, ohne extra aufs Amt zu müssen, was für Berufstätige häufig nur schwer organisierbar ist. Auch im Falle eines Aufenthalts außerhalb des Hauptwohnsitzes, z.B. bei Reisen und Kuraufenthalten, bei Studenten, etc. ist nun eine Eintragung möglich.

· Bei den bisherigen Volksbegehren gab es immer wieder Beschwerden hinsichtlich der Anzahl der Eintragungsräume, der Dauer der Eintragungszeiten und dem Fehlen der Briefwahlmöglichkeit. Diese Konfliktpunkte werden durch die freie Sammlung entschärft.

· Mit der freien Sammlung wird die Organisation der Eintragung stärker in die Hände der Bürger selbst gelegt. Dies entspricht einem modernen Staatsverständnis, das die Bürger bei der Erledigung staatlicher Aufgaben miteinbezieht.

· Auf kommunaler Ebene hat sich die freie Unterschriftensammlung in Bayern - genauso wie in den anderen Bundesländern - bewährt.

· In Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern, Thüringen, Sachsen, Schleswig-Holstein, der Schweiz und den Bundesstaaten der USA werden die Unterschriften für landesweite Volksbegehren frei gesammelt.

· Von einer alleinigen freien Sammlung, d.h. einem Verzicht auf das Auslegen der Eintragungslisten in Gemeinden, wurde jedoch abgesehen, da jedem Staatsbürger die Möglichkeit eröffnet werden soll, sich für ein Volksbegehren einzutragen, unabhängig davon ob Initiatoren in seiner Nähe sind oder nicht. Außerdem hätte in diesem Falle das Unterschriftenquorum des Volksbegehrens um ein weiteres gesenkt werden müssen, da sonst der organisatorische Aufwand für die Initiator/innen eines Volksbegehren im Flächenstaat Bayern unüberwindbar hoch wäre.

· Die Bestätigung der Stimmberechtigung der Unterzeichner des Volksbegehrens erfolgt durch die Gemeinde. Die Initiatoren müssen die von ihnen selbst gesammelten Eintragungen spätestens mit dem Ablauf der Eintragungsfrist bei den jeweiligen Gemeinden einreichen. Diese leiten - entsprechend der bestehenden Regelung - die Eintragungsergebnisse an das Landratsamt weiter.

· Eine Gefahr der Doppeleintragung besteht nicht, da die Unterschriften, ob in der Gemeinde oder auf einer freien Liste geleistet, immer von der Gemeinde kontrolliert werden.

 

 

Zu Art. 74. Abs. 3 BV:

Rechtsgültige Volksbegehren sind dem Volk innerhalb von acht Monaten zur Entscheidung vorzulegen. Hier wird noch einmal dem Landtag die Möglichkeit eingeräumt, das Volksbegehren zu übernehmen, womit der Volksentscheid entfällt.

Zu Art. 74. Abs. 4 BV:

Die fünfzigjährige bayerische Praxis und die Regelung der Bayerischen Verfassung in Art. 2 "Mehrheit entscheidet" wird ausdrücklich bestätigt. In einer Demokratie entscheiden die Bürgerinnen und Bürger, die ihre Rechte wahrnehmen und sich äußern. Die von manchen Seiten geforderte Aufhebung des Mehrheitsprinzips bei Volksabstimmungen durch eine Abstimmungsklausel würde nur dazu führen, daß Stimmenthaltungen als Nein-Stimmen gewertet werden und damit Uninteressierte und Boykotteure das Sagen haben.

Zu Art. 74. Abs. 5 BV:

Entspricht der bestehenden Regelung.

 

Zu Art. 74 Abs. 6 BV:

· Das bestehende Verbot von Eingriffen in den Staatshaushalt in Artikel 73 BV wird auf Volksentscheide über das Haushaltsgesetz im ganzen eingeschränkt. Davon sind nicht Beschlüsse betroffen, die sich in ihrer Folgewirkung auf das Haushaltsgesetz auswirken.

· Bisher waren durch die Entscheidungen des Bayerischen Verfassungsgerichtshofes haushaltswirksame Volksbegehren nahezu ausgeschlossen (siehe z.B. die Unzulässigkeitserklärung des Volksbegehrens "Bessere Schule" 1994).

· Der Ermöglichung von haushaltswirksamen Beschlüssen liegt der Gedanke zugrunde, daß dem Volk als Souverän die wichtigsten Entscheidungen des Landes nicht vorenthalten werden können. Es ist nicht nachvollziehbar, warum die Steuerzahler keinen Einfluß auf die Verwendung ihrer Steuergelder haben sollten.

· Damit wird auf Landesebene die gleiche rechtliche Situation wie bei kommunalen Bürgerentscheiden geschaffen.

 

§ 2

 

zur Änderung des Landeswahlgesetzes

 

Zu Art 63 Abs. 1 LWG:

Durch die Einfügung des Wortes Volksinitiative wird der Text redaktionell angepaßt.

Zu Art. 63 Abs 2 Satz 1 LWG:

Siehe Anmerkung zu Art. 74 Abs. 6 BV.

 

Zu Art. 64 Abs. 1 LWG:

Siehe Anmerkung zu Art. 73 Abs. 1 BV.

Zu 64 Abs. 2 Satz 1 LWG:

Um die Rückkoppelung der Vertrauensleute mit den Unterzeichnern der Volksinitiative zu erhöhen wird die Zahl der Vertrauensleute von heute eins auf drei erhöht. Diese sollen Entscheidungen (z.B. Änderung der Vorlage) nur einstimmig fällen können.

Zu Art. 64 Abs. 3 und Abs. 6 LWG:

Die Volksinitiative dient unter anderem der Qualifizierung der Abstimmungsvorlage. Deshalb muß eine Möglichkeit bestehen, daß die Vertrauensleute der Volksinitiative die Vorlage bis zur Bekanntmachung des Volksbegehrens ändern können. Damit diese Möglichkeit der Vertrauensleute allen Unterzeichnern der Volksinitiative hinreichend klar und damit legitimiert ist, muß dieses Änderungsrecht auf der Unterschriftenliste vermerkt sein. Es wurde davon abgesehen, "Grenzen der Änderbarkeit" im LWG zu regeln, da diese zum einen nicht definierbar und damit immer strittig sind und zum anderen auch nicht nötig sind. Bewegen sich die Vertrauensleute bei einer Änderung zu weit vom Willen der Unterzeichner weg, so werden diese öffentlich kritisiert und verlieren damit die Basis für das Volksbegehren. Man kann hier mit einer sozialen Selbstregulierung rechnen. Letztlich fällt die Entscheidung erst im Volksentscheid. Unterzeichnende, die mit einer Änderung der Vorlage nicht einverstanden sind, können hier dagegenstimmen.

Zu Art. 64 Abs. 4 LWG:

Siehe Anmerkung zu Art. 73 Abs. 2 BV.

 

Zu Art. 64 Abs. 5 LWG:

Siehe Anmerkung zu Art. 74 Abs. 1 Satz 1 BV. Entsprechend der bestehenden Praxis wird geregelt, daß der Zulassungsantrag beim Staatsministerium des Innern, das für die Durchführung eines Volksbegehrens organisatorisch verantwortlich ist, zu stellen ist.

Zu Art. 65 Abs. 1 Satz 1 LWG:

Die verfassungsrechtliche Überprüfung eines Volksbegehrens sollte aus Gründen der Rechtsklarheit für die Bürgerinnen und Bürger vor der Durchführung des Volksbegehrens stattfinden. Deshalb wird der Landesregierung und nun auch dem Landtag vor der Durchführung des Volksbegehrens das Recht eingeräumt, den Verfassungsgerichtshof zur Überprüfung der Zulässigkeit des Volksbegehrens anzurufen. Damit entfällt die bisherige verfassungsrechtliche Prüfung eines Volksbegehrens durch den Landtag nach dem Erfolg des Volksbegehrens.

Zu Art. 65 Abs. 3 LWG:

· Da viele politische Fragen komplex sind, ist es häufig notwendig, komplexe Gesetzentwürfe zur Abstimmung zu stellen. Auf der anderen Seite haben die Bürgerinnen und Bürger das Anrecht, möglichst differenziert entscheiden zu können, was Paketabstimmungen eher verbietet. Da die Abwägung zwischen diesen beiden Gesichtspunkten in der Praxis schwierig ist, sieht der Gesetzentwurf eine Regelung zum konstruktiven Umgang mit diesem Problem vor. Ein Volksbegehren kann im Einvernehmen zwischen den Vertrauensleute und dem Staatsministerium des Innern oder durch Beschluß des Verfassungsgerichtshofs in mehrere Abstimmungsfragen aufgeteilt werden, wenn die einzelnen Teile nicht in einem hinreichenden Zusammenhang stehen.

· Durch diese Regelung wird das bisher in der Rechtsprechung verwendete Koppelungsverbot in ein Entkoppelungsgebot verwandelt. Wenn Zweifel hinsichtlich der Einheit der Abstimmungsmaterie bestehen, dann sollte dies nicht zur Unzulässigkeit des Volksbegehren führen, sondern zu einer Aufteilung der Abstimmungsvorlage.

Zu Art. 65 Abs. 4 LWG:

Ein generelles Klagerecht der Vertrauensleute der Volksinitiative bei Streitigkeiten bei der Durchführung von Volksinitiative, Volksbegehren und Volksentscheid ist bislang nicht geregelt.

Zu 66 Abs. 1 Satz 1 und 2 LWG:

Da die Eintragungsfrist auf einen Kalendermonat verlängert wird, wird auch die Frist zwischen Veröffentlichung der Eintragungsfrist und Beginn derselben auf spätestens 16 Wochen verlängert. So kann in jedem Fall zum 1. eines Monat mit der Eintragungsfrist begonnen und gleichzeitig ein Zusammenfallen eines Volksbegehrens mit Schulferien vermieden werden.

Zu Art. 68 Abs. 3 LWG:

Siehe Anmerkung zu Art. 74 Abs. 2 Satz 3 BV.

 

Zu Art. 69 Abs. 3 LWG:

Aufgrund der Möglichkeit der freien Unterschriftensammlung ist es nicht mehr nötig, daß behinderte oder erkrankte Personen wie bisher einen Eintragungsschein ausfüllen und eine Hilfsperson

 

mit der Eintragung beauftragen müssen. Die Eintragung kann in diesen besonderen Fällen auch schriftlich erfolgen. Damit ist keine allgemeine Brief-Eintragung vorgesehen. Der Versand der Eintragungslisten durch die Gemeinde ist aus Arbeits- und Kostengründen nur für diesen benachteiligten und kleinen Personenkreis gesetzlich vorgeschrieben. Als freiwillige Leistung kann die Gemeinde Eintragungslisten selbstverständlich darüber hinaus versenden.

Zu Art. 70 Abs. 1 Ziffer 6 und Ziffer 7 LWG:

Aufgrund der Möglichkeit der freien Unterschriftensammlung wird die Bestimmung gestrichen, daß Eintragungen ungültig sind, wenn sie außerhalb der amtlichen Eintragungsräume geleistet worden sind. Da es keinen Eintragungsschein mehr gibt (s. Änderung Art. 69 Abs. 3 LWG), ist auch Ziffer 7 überflüssig.

Zu Art. 71 Abs. 2 Satz 1 LWG:

Siehe Anmerkung zu Art. 74 Abs. 2 Satz 1 BV.

Zu Art. 72 Abs. 1 Satz 2 LWG:

Da mit Volksentscheid vom 8.2.1998 der Bayerische Senat abgeschafft wurde, kann die Regelung, daß bei Volksbegehren ein Gutachten des Senats eingeholt werden muß, gestrichen werden.

Zu Art. 73 Abs. 1 Satzung 1 und Abs. 3 und Abs. 4 LWG:

Die Fristen im Landeswahlgesetz werden mit den Fristen der Verfassung in Übereinstimmung gebracht. Da Volksbegehren nicht nur zu Gesetzentwürfen, sondern auch zu sonstigen Gegenständen der politischen Willensbildung möglich sind, wird das Wort "Gesetzentwurf" durch das umfassendere Wort "Vorlage" ersetzt.

Zu Art. 73 Abs. 5 LWG:

Da sich der Landtag mit der Volksinitiative schon vor der Durchführung des Volksbegehrens befaßt und er in Art. 65 Abs. 1 Satz 1 LWG eine Klagemöglichkeit vor dem Bayerischen Verfassungsgerichtshof erhalten hat, ist eine Kontrolle nach der Durchführung des Volksbegehrens nicht mehr notwendig. Deshalb kann dieser Absatz gestrichen werden.

Zu Art. 75 Abs. 1 Satz l LWG:

Entspricht der bisherigen Regelung.

Zu Art. 75 Abs. 1 Satz 2 LWG:

Um unnötige Kosten zu vermeiden, sollen Volksentscheide mit Wahlen und anderen Volksentscheiden zusammengelegt werden, soweit es die Fristeinhaltung zuläßt. Die Sollregelung bedeutet, daß ein Abweichen von dieser Regel nur aufgrund dringender objektiver Gründe möglich ist. Wahlstrategische Überlegungen, wie sie z.B. zur Trennung der Landtagswahl von der Bundestagswahl 1998 führten, zählen dazu nicht.

 

Zu Art. 75 Abs. 2 LWG:

· Die gleichberechtigte Information der Abstimmungsberechtigten über das Pro und Contra vor einem Volksentscheid ist die Grundlage für sachgerechte Entscheidungen und damit eine durch die öffentliche Hand zu unterstützende Aufgabe.

· Die Information der Stimmbürgerinnen und Stimmbürger vor einem Volksentscheid wird verbessert, indem jede/r Stimmbürger/in ein Informationsheft mit den Argumenten der Initiatoren eines Volksbegehrens sowie denen des Landtags und der Staatsregierung in gleichem Umfang erhält. Im Kapitel des Landtages werden die Auffassungen der verschiedenen Fraktionen dargestellt, nicht nur die Auffassung der Landtagsmehrheit. So wird sichergestellt, daß die Bürgerinnen und Bürger in etwa gleichem Umfang Pro- und Contra-Argumente erhalten. Dies gilt sowohl bei Volksbegehren als auch bei Gegenentwürfen des Landtags. Dieser Gleichheitsgrundsatz wurde bei früheren Abstimmungsinformationen mißachtet, da das Staatsministerium des Innern immer die Position der Landtagsmehrheit in weitaus breiterem Umfang dargestellt hat als die Position des Volksbegehrens.

· Die bisher vor Volksabstimmungen verteilten Informationsbroschüren waren für Nicht-Fachleute nur sehr schwer verständlich. Deshalb soll die Informationsbroschüre anders gegliedert werden. Diese soll zuerst eine allgemeinverständliche Zusammenfassung des Inhalts, dann die Auffassungen der Vertrauensleute des Volksbegehrens und des Landtags und anschließend die Abstimmungsvorlagen im Wortlaut enthalten. Damit die unterschiedlichen, Positionen deutlicher werden, können die Vertrauensleute und der Landtag kurz auf die Auffassungen der Gegenseite erwidern.

· Die Art der Zustellung des Informationsheftes kann vom Innenministerium je nach Situation gehandhabt werden: Das Heft kann zur Kosten- und Papierersparnis nur an jeden Haushalt, in dem mindestens ein Stimmberechtigter wohnt, als Postwurfsendung verteilt werden. Das Heft kann aber auch zusammen mit der Abstimmungsbenachrichtigung persönlich adressiert versandt werden.

Zu Art. 75 Abs. 3 LWG:

Die Zusammenfassung der Abstimmungsvorlagen sowie die Auffassungen dazu sollen von den Vertrauensleuten des Volksbegehrens und dem Landtag selbst verfaßt werden, um Manipulationen weitestgehend auszuschalten. Dieses Recht der Selbstformulierung der offiziellen Informationsbroschüre wird dann überschritten, wenn falsche Tatsachenbehauptungen oder diskriminierende Äußerungen in den Texten enthalten sind. Nur in diesen Fällen kann das Staatsministerium des Innern eine Änderung verlangen. Wenn die Vertrauensleute des Volksbegehrens oder der Landtag zu keiner entsprechenden Änderung bereit sind, entscheidet das Staatsministerium des Innern über die Formulierung. Damit soll gewährleistet werden, daß das Informationsheft rechtzeitig erscheint.

Zu Art 75 Abs. 4 LWG:

Aus der Neutralitätspflicht des Staates folgt, daß öffentliche Gelder nicht für einseitige Informationskampagnen verwendet werden dürfen. Falls der Landtag zusätzliche Informationsmaßnahmen finanziert, so erhalten die Vertrauensleute des Volksbegehrens Finanzmittel in gleicher Höhe.

Zu Art 76 Abs. 1 Satz 2 LWG:

Es wurden als redaktionelle Anpassung die Worte "oder sonstigen Antrags" eingefügt.

Zu Art. 76 Abs. 2 Satz 3 LWG:

Der Gegenentwurf des Ländtags ist eine Reaktion auf das Volksbegehren. Es ist eine merkwürdige Geste des "Vordrängeins", wenn wie bislang auf dem Stimmzettel immer zuerst der Landtagsentwurf und erst dann das Volksbegehren genannt wird. Deshalb wird nun neu geregelt, daß auf dem Stimmzettel zuerst das Volksbegehren und dann der Landtagsentwurf genannt wird. Dies entspricht der zeitlichen Abfolge, da der Landtag mit seinem Gegenentwurf erst auf die Volksinitiative reagiert hat.

Zu Art 76 Abs. 3 LWG:

Die bestehende Abstimmungsregelung bei mehreren Vorlagen zu einem Gegenstand kann zu großen Verfälschungen des Wählerwillens führen. Angenommen beim Volksentscheid am 8.2.1998 hätten sich in der Abstimmung 30 Prozent für die Abschaffung des Senats, 30 Prozent für die Reform des Senats und 40 Prozent für die Beibehaltung des alten Zustandes entschieden: In diesem Fall hätten sich die 40 Prozent durchgesetzt, obwohl 60 Prozent der Wähler eine Änderung des alten Zustandes wünschten. Die Regelung des Doppelten Ja's mit Stichfrage verhindert dagegen eine den Wählerwillen verfälschende Stimmenzersplitterung zwischen mehreren sich widersprechenden Vorlagen, jede Vorlage kann für sich angenommen oder abgelehnt werden. Für den Fall der gleichzeitigen Annahme von mehreren Vorlagen, können die Abstimmungsberechtigten in einer Stichfrage entscheiden, welche dann gelten soll. Dieses Abstimmungsverfahren ist in der Schweiz und in den bayerischen Kommunen üblich.

 

Beispiel für einen Stimmzettel zum Volksentscheid bei zwei Vorlagen:

 

Hauptfragen:

(Sie haben für jede Vorlage eine Stimme)

Volksbegehren Ja Nein

Landtagsentwurf Ja Nein

Stichfrage:

Falls sowohl das Volksbegehren als auch der Landtagsentwurf von der Mehrheit der Abstimmenden angenommen wird: Soll das Volksbegehren oder der Landtagsentwurf in Kraft treten? (Sie haben eine Stimme)

Volksbegehren

Landtagsentwurf .

Beispiel für einen Stimmzettel zum Volksentscheid bei drei oder mehr Vorlagen:

Hauptfragen: (Sie haben für jede Vorlage eine Stimme.)

Volksbegehren 1 Ja Nein

Volksbegehren 2 Ja Nein

Landtagsentwurf Ja Nein

Stichfrage:

Für den Fall, daß 2 oder gar alle 3 Vorlagen mehrheitlich gegenüber der bisherigen Ordnung angenommen werden sollten: Geben Sie Ihre Rangfolge an, das heißt welche Variante für Sie die beste, zweitbeste und schlechteste ist:

Die beste Variante ist:

Die zweitbeste Variante ist:

Die schlechteste Variante ist:

Entscheidungsregeln:

· Alle Fragen können unabhängig voneinander beantwortet werden.

· Werden alle Vorlagen in den Hauptfragen verworfen, so bleibt die bisherige Ordnung in Kraft.

· Soweit nur eine Vorlage in der Hauptfragen den Status quo besiegt, tritt diese in Kraft.

· Trifft dies für mehrere Vorlagen zu, so entscheiden die von den Stimmbürgern geltend gemachten Präferenzen in der Stichfrage.

· Die Präferenzordnung der Stichfrage wird so ausgewertet, daß die Stimmabgabe in die Ja/Nein-Sprache umgesetzt wird. Bewertet z.B. ein Stimmbürger das Volksbegehren 2 höher als das Volksbegehren 1, so erhält das Volksbegehren 2 in der direkten Gegenüberstellung mit dem Volksbegehren 1 eine Stimme.

Zu Art. 80 Abs. 2 LWG:

Durch die Einführung des Doppelten Ja's mit Stichfrage erübrigt sich der bisherige Absatz 2.