Geschichte & Praxis von Bürgerbegehren und Bürgerentscheid in Bayern

Entstehungsgeschichte von Bürgerbegehren in Bayern

Am 01.10.1995 wurde das Recht auf kommunale Bürgerbegehren und Bürgerentscheid in Bayern durch einen Volksentscheid erwirkt, initiiert von Mehr Demokratie. Doch der Weg war lang. In Bayern bestand zwar auf Landesebene die Möglichkeit auf Mitbestimmung durch ein duales System von Volksbegehren und -entscheid, jedoch gab es auf der kommunalen Ebene keine direktdemokratischen Instrumente.Erste Versuche, den Bürgerentscheid in der politischen Landschaft Bayerns zu etablieren, existierten bereits seit den 80er Jahren. Jedoch stießen diese kaum auf Gehör und die CSU blockte zu dieser Zeit alles, was ihre Macht eingeschränkt hätte.

Der Weg zu etwas Neuem

Eine echte Chance entwickelte sich erst, als eine Gruppe von nicht einmal 20 Personen Ende 1992 beschloss, zwei Volksbegehren in Bayern zu starten. Ab Februar 1993 wurden Gesetzesentwürfe zum kommunalen Bürgerentscheid erarbeitet und im April wurde der Verein „Mehr Demokratie in Bayern“ offiziell gegründet. Die anschließende Kampagne „Mehr Demokratie in Bayern: Bürgerentscheide in Gemeinden und Kreisen“ wurde von viel Engagement und einem breiten Bündnis getragen. Schon relativ früh konnten der Bund Naturschutz und Bündnis 90/Die Grünen gewonnen werden. Später umfasste das Bündnis ca. 50 Organisationen, inklusive der SPD. Diese Unterstützung war jedoch auch dringend notwendig, da man vor einer sehr großen Aufgabe stand: Der erste erfolgreiche Volksentscheid in Bayern!

Den ersten Schritt geschafft

Nur durch die Breite an kampagnenfähigen Organisationen war ein Erfolg im Bereich des Möglichen. So konnte die erste Stufe zur Einleitung des Volksbegehrens in Bayern recht locker übersprungen werden (nötig 25.000 Unterschriften / gesammelt 35.000) – zumindest auf den ersten Blick. Dahinter standen jedoch ein hohes Maß an Einsatz und politischer Kleinarbeit. Dies sollte sich auch nach dem ersten erfolgreichen Schritt nicht ändern. Im Folgenden fuhr der OMNIBUS für Direkte Demokratie mehrere Wochen durch Bayern und es wurde in einer Reihe von Abendveranstaltungen und Seminaren aufgeklärt und für Unterstützung geworben.

Die Arbeit sollte sich lohnen

Im Februar 1995 konnten bei der Einschreibungsfrist für das Volksbegehren die erforderlichen 10 Prozent der Wählerschaft (880.000) in zwei Wochen mit ca. 1,2 Millionen Unterschriften deutlich übertroffen werden. Ein Ergebnis, das so auch von den größten Optimisten nicht erwartet worden war. Im Anschluss galt es nun, die breite Öffentlichkeit zu überzeugen, beim ausstehenden Volksentscheid für die Initiative von Mehr Demokratie und gegen die allmächtig erscheinende CSU zu stimmen, die einen Alternativvorschlag zur Abstimmung stellte. Das Ergebnis ist bekannt, der Vorschlag von Mehr Demokratie wurde mit 57,8 Prozent der Stimmen angenommen. Die Gesetzesänderung trat daraufhin am 1.11.1995 in Kraft und wurde sowohl in der bayerischen Verfassung als auch in der bayerischen Gemeindeordnung (GO) und Landkreisordnung (LkrO) verankert.

20 Jahre nach dem erfolgreichen Volksentscheid von Mehr Demokratie sprechen wir mit dem CSU-Politiker Peter Gauweiler, verantwortlich für einen der ersten Bürgerentscheide nach den neuen Regeln, und Christian Ude, damals SPD-Oberbürgermeister der Stadt München, über den Entscheid und seine Folgen.

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An die Anfänge des Volksbegehrens und die politische Situation damals erinnert sich Thomas Mayer, Mitgründer von Mehr Demokratie und Vertrauensperson des Volksbegehrens.

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