Online-Veranstaltungsreihe "Für ein Denken & Debattieren in Sachfragen"

Am 27. Oktober startet Mehr Demokratie Bayern eine mehrteilige digitale Veranstaltungsreihe mit dem Titel "Für ein Denken & Debattieren in Sachfragen". Diese setzt sich mit der Frage auseinander, wie eine demokratische Kultur aussehen müsste, in der wir die Meinungsvielfalt in unseren Debatten garantieren, während wir respektvoll miteinander umgehen und die Grenzen einhalten, die das Grundgesetz vorzeichnet. Wie kommen wir aus dem Lagerdenken heraus? Bei Interesse an einer Teilnahme schreiben Sie gerne eine Mail an bayernkein spam@mehr-demokratie.de. Wir freuen uns auf Sie!

Demokratie, was ist das eigentlich? Wie wäre es mit folgender Definition: Demokratie besteht darin, dass Menschen, die Regeln, denen sie folgen, selbst machen. Mehr Demokratie e. V. tritt deshalb für die Erweiterung und Ergänzung des bewährten Parlamentarismus ein. Bürgerräte und Volksentscheide tragen dazu bei, dass Gesetze entstehen, die noch besser auf die Belange und Interessen der Bürger in pluralen Gesellschaften abgestimmt sind. An genau diesem Punkt setzt die Veranstaltungsreihe an: Um Regeln des Zusammenlebens zu finden, die möglichst vielen gemäß sind, ist es von entscheidender Bedeutung, dass der Raum, in dem die sachlichen Anliegen von Bürgern eingebracht werden können, möglichst groß ist – unter Einhaltung der Grenzen, die das Grundgesetz vorzeichnet. Die kritisch-konstruktiv angelegte Online-Veranstaltungsreihe geht dabei von der Diagnose aus, dass die Meinungsfreiheit in Deutschland staatlicherseits vorbildlich abgesichert ist. Verschiedene Entwicklungen in der Zivilgesellschaft und den Medien jedoch schmälern die „Einflugschneise“ an Meinungsvielfalt für die demokratische Willensbildung auf der nicht unmittelbar gesetzlich regulierbaren Ebene demokratischer Kultur. Wie also kann ein demokratisches Gemeinwesen darauf reagieren…

…dass im öffentlichen Diskurs immer häufiger der Versuch gemacht wird, Meinungen durch den pauschalen und inflationären Verweis auf das „falsche“ Lager der Sprecherin wie „Corona-Leugner“, „Verschwörungstheoretiker“, „Putin-Versteher“ oder „Rechtspopulist“ zu diskreditieren und so aus dem Raum des „Sagbaren“ auszuschließen?

…dass Wissenschaftler im öffentlichen Diskurs bisweilen nicht von ihrer Rolle als Fachexperte und ihrer Rolle als Staatsbürger trennen und so in Debatten eine systematisch höhere Chance haben, auch mit ihrer nicht wissenschaftlich rechtfertigbaren Privatmeinung Gehör zu finden?

…große Tech-Konzerne die für die Demokratie entscheidenden Arenen öffentlicher Debatte nach ihren kommerziellen Bedingungen gestalten und so zur Verrohung und Zersplitterung des öffentlichen Diskurses beitragen?

Mit Themen wie diesen verbindet sich eine Reihe von demokratiepolitisch herausfordernden Fragen: Wie können legitime Erweiterungen der öffentlichen Debatte von solchen abgegrenzt werden, die den demokratischen Diskurs selbst gefährden? Bedeutet jede Kritik an einseitiger Berichterstattung in den öffentlich-rechtlichen Medien gleichzeitig, Narrative rechtspopulistischer Parteien zu bedienen und sollte deshalb tunlichst unterbleiben? Wie funktionieren die häufig mit der Strategie der Beschämung arbeitenden „Lagerzuweisungen“ genau und warum sind sie für einen lebendigen demokratischen Diskurs so destruktiv? Wo verläuft die Grenze zwischen demokratiegefährdender Faktenleugnung und legitimer Wissenschaftskritik? Ist die Rede von der „Cancel Culture“ ausschließlich eine Phantasie von Gruppierungen, die die Gleichberechtigung und Gleichachtung von Minderheiten abwehren wollen oder hat sie möglicherweise einen demokratiepolitisch nachvollziehbaren Kern? Wie können digitale soziale Netzwerke auf eine Weise reguliert werden, dass in ihnen Differenzen auf produktive Weise miteinander verhandelt werden können, ohne das Recht auf freie Rede einzuschränken?

Auf die Analyse demokratiepolitisch problematischer Entwicklungen folgt jeweils die Präsentation eines Verfahrens demokratischen Gestaltens, das dazu dienen kann, den Raum des gleichberechtigten und sachbezogenen demokratischen Gestaltens ernst zu nehmen: Wie kann eine Gesprächskultur aussehen, die Person und Sache trennt, aber gleichwohl Emotionen als Grundlage unserer Urteilsbildung nicht ausklammert? Wie können wir uns in demokratischen Resonanzräumen begegnen und auch schmerzhafte weltanschauliche Unterschiede auf respektvolle Weise verhandeln? Wie können Demokraten miteinander so in Beziehung treten, dass sie aus ihren jeweiligen Weltsichten lernen können, auch wenn dies möglicherweise zunächst unvorstellbar schien? Wie kann aus der demokratischen Begegnung etwas Drittes hervorgehen, das von keinem Gesprächspartner zunächst beabsichtigt war? Drei solcher Verfahren sollen in Veranstaltungsreihe vertieft besprochen werden: In der „Planungszelle“ nach Peter Dienel begegnen und erleben sich zufällig ausgewählte Personen als gleichberechtigte Diskutantinnen; das Verfahren des „Systemischen Konsensierens“ strebt eine Konsensbildung an, in denen der vorherige Austausch über die Sichtweisen aller Beteiligten zentral ist; und „Dynamic Facilitation“ stellt darauf ab, die Sichtweisen der Beteiligten auf eine Problemlage zu offenbaren, um gruppendynamischen Prozessen konstruktiv und flexibel begegnen zu können.

Mit dieser Veranstaltungsreihe möchten wir einen Willensbildungsprozess zum Thema „demokratische Kultur“ innerhalb von Mehr Demokratie e. V. anstoßen. Wer also Lust hat, sich mit derartigen Fragen zu beschäftigen und zugleich Ideen zu entwickeln, wie die „Einflugschneise“ an Weltsichten wieder größer werden kann, ist herzlich eingeladen, mitzudenken, mitzureden, mitzumachen. Wir freuen uns sehr auf den Austausch mit Ihnen.

 

Die Veranstaltungen in der Übersicht:

27.10.2022: Verzerrungen demokratischen Diskurses 1: Cancel Culture & Co. – Warum wir ein Debattieren in Sachfragen brauchen

Melden Sie sich gerne hier für die Veranstaltung an. Wir schicken Ihnen rechtzeitig den entsprechenden Link zur Veranstaltung zu. Beginn ist um 19 Uhr.

 

Januar 2023: Methoden konstruktiver Auseinandersetzung 1: Planungszelle

 

April 2023: Verzerrungen demokratischen Diskurses 2: Herrschaft der Experten? Wenn Wissenschaftler Politik betreiben

 

Juli 2023: Methoden konstruktiver Auseinandersetzung 2: Dynamic Facilitation

 

2023: Verzerrungen demokratischen Diskurses 3: „Verschwörungstheorien“ als reales Problem und als Kampfbegriff

 

2023: Methoden konstruktiver Auseinandersetzung 3: Systemisches Konsensieren

 

2023: Verzerrungen demokratischen Diskurses 4: Herrschaft der Tech-Konzerne? Was bringt das neue EU-Grundgesetz für die digitale Welt?

 

2023: Methoden konstruktiver Auseinandersetzung 4: Thema noch offen

 

Die Veranstaltungen können natürlich auch je nach Interessenschwerpunkt einzeln besucht werden!