Mehr Niedersachsen wagen - Bayern alleiniges Schlusslicht bei Transparenz in Deutschland

Der Freistaat Bayern ist alleiniges Schlusslicht beim Thema Transparenz in Deutschland. Durch die Ankündigung eines Transparenzgesetzes im neuen niedersächsischen Koalitionsvertrag ist Bayern das letzte Bundesland, das Informationsfreiheit auf Landesebene vermissen lässt. Dabei verdeutlichen die neu angekündigten parlamentarischen Untersuchungsausschüsse zur zweiten Stammstrecke in München und zum Nürnberger Zukunftsmuseum die Notwendigkeit nach Informationsfreiheit und einem Transparenzgesetz auf Landesebene. Auch beim Thema Bürgerräte lässt Niedersachen den Freistaat nun hinter sich.

Die neue Landesregierung in Niedersachsen hat erkannt, was der Bayerischen Staatsregierung seit Jahren an Einsicht fehlt: Transparenz ist eine wichtige Grundlage für eine dynamische Demokratie und einen modernen Staat. Die Zeit für mehr Transparenz ist reif. Besonders in den aktuellen Zeiten ist Transparenz ein wertvolles Mittel gegen Populismus, Fake News und schwindendes Vertrauen in Politik. Die Staatsregierung sollte sich ein Beispiel an Niedersachsen nehmen und Schritte hin zu mehr Transparenz einleiten.

Im Transparenzranking von Mehr Demokratie e.V. und der Open Knowledge Foundation belegt Bayern den letzten Platz aller Bundesländer. Als einziges Bundesland hat Bayern weder ein Informationsfreiheitsgesetz noch ein Transparenzgesetz auf Landesebene. Zwar verfügt das bayerische Datenschutzgesetz über ein „Recht auf Auskunft“, für eine Auskunft müssen Antragsteller jedoch ein „berechtigtes Interesse“ an einer Information vorweisen. Das widerspricht dem Kern der Informationsfreiheit.

 

Transparenz nutzt Bürgern und Verwaltung zugleich

Nur wer hürdenlosen Zugang zu Informationen über öffentliche Angelegenheiten hat, kann sich umfassend Meinungen bilden und politisch aktiv werden. Durch ein Transparenzgesetz können Bürgerinnen und Bürger sämtliche Gutachten, Kostenkalkulationen oder Protokolle der öffentlichen Hand unkompliziert übers Internet einsehen. Indem die Verwaltungen diese Informationen proaktiv und zentral auf einer Transparenzplattform zur Verfügung stellen, erleichtert das auch die Arbeitsabläufe in den Behörden selber. Langwierige Informationsabfragen zwischen Verwaltungsabteilungen fallen durch ein Transparenzgesetz weg. Am Ende gewinnt also sowohl die Zivilgesellschaft als auch die Verwaltung durch mehr Transparenz.

Jedoch kommt der Freistaat hinsichtlich Transparenz nicht vom Fleck. Seit 2001 gab es bisher 13 parlamentarische Initiativen aus der Landtagsopposition zur Einführung eines Informationsfreiheits- oder Transparenzgesetzes. Jeder Gesetzesentwurf scheiterte jeweils an der Regierungsmehrheit im Landtag.

 

Keine neuen Untersuchungsausschüsse mit Transparenzgesetz nötig

Dass der Freistaat Bayern akuten Nachholbedarf bei Transparenz hat, zeigen nicht zuletzt die beiden neu angekündigten parlamentarischen Untersuchungsausschüsse zur Verzögerung des Baus der zweiten Stammstrecke in München und zur Mietsituation des Nürnberger Zukunftsmuseums. Wenn die Opposition das „schärfste Schwert“ der parlamentarischen Demokratie anwenden muss, um bei kostspieligen Vorgängen der Staatsregierung Licht ins Dunkeln zu bringen, braucht es einen Sinneswandel für den Umgang mit öffentlichen Informationen. Durch ein Transparenzgesetz können politische Handlungen besser erklärt werden wodurch das Verständnis für Entscheidungen in der Bevölkerung steigt. Lässt man Transparenz im politischen Handeln jedoch vermissen, vermehrt sich die Unzufriedenheit der Leute und das Risiko für teure Fehlplanungen steigt. Mit einem Transparenzgesetz ließen sich Fehlplanungen und Kostensteigerungen wie beim Bau der zweiten Stammstrecke und beim Zukunftsmuseum in Zukunft verhindern.

 

Bürgerräte für Niedersachsen - bald auch in Bayern?

Neben der Ankündigung eines Transparenzgesetzes findet sich im neuen rot-grüne Koalitionsvertrag in Niedersachsen außerdem die Chance auf Bürgerräte auf Landesebene wieder. Während Bürgerräte auf kommunaler Ebene bereits rege genutzt werden und der Bundestag bald eigene Verfahren einsetzen wird, fanden auf Landesebene bisher nur wenige Bürgerräte statt, nämlich zum Thema Coronamaßnahmen in Baden-Württemberg, Sachsen und Thüringen sowie einen Klima-Bürgerrat in Berlin. Das steht nun im niedersächsischen Koalitionsvertrag zum Thema Bürgerräte:

„Zur Stärkung der Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern an politischen Prozessen schaffen wir die Möglichkeit, zu ausgewählten Themen Bürgerräte einzurichten.“

Auch in Sachen Bürgerräten ist Niedersachsen dem Freistaat Bayern damit voraus. Doch in Bayern wird im Herbst 2023 der Landtag neu gewählt. Bis dahin werden wir einige Gespräche mit Parteien und Abgeordneten führen sowie Veranstaltungen zu unseren Ideen und Forderungen für ein bayerisches Demokratie-Update durchführen. Seid gespannt!